Wayne County & The Electric Chairs – Things Your Mother Never Told You

Things your mother never told you…: zum Beispiel über das Gefühl, das Dich zwischen Rausch und Abgrund überfällt, unheilverheißend und trotzdem verführerisch. Über Transsexuelle, die den Reiz der Dekadenz ausspielen, über schwule Sinnlichkeit und fratzenhafte Dämonen. Bei Wayne County gibt es kein ungestraftes Vergnügen, hier muß jeder bezahlen: das „Wall City Girl“ für allzuviel Unabhängigkeit, der Vopo (in „Berlin“), weil er sich aus Versehen in einen Transvestiten verliebte, oder der/die anonyme Bettgefährte/ tin aus „Midnight Pal“ als Wegwerfobjekt einer seelisch grausamen Selbstbefriedigung.

Auf den Seiten Us und Them mischt Wayne County die eigene Erfahrungswelt (z.B. Geschlechtsumwandlung, Berliner Subkultur) mit neubelebten Underground- und Psychedeliamomenten. Die Atmosphäre baut sich auf vom ersten Song auf Us, dem locker rockenden „Wonder Woman“, bis hin zum elektronischen .Gruselkabinett von „Think Straight“ auf Them. Us geht bedeutend leichter über die Bühne. Das letzte Stück, „Things“, bereitet gezielt den Übergang vor. Verzerrte Gitarren (wie auf der Electric Prunes-Adaption „I Had Too Much To Dream Last Night“ auf der vorigen LP), dumpf rollendes Schlagzeug, dann Panik, dann gebanntes Warten.

Der neugierige Weg ins verbotene Land von Them wird erst richtig kitzlig unter dem Kopfhörer. So verschont Ihr außerdem Eure Mutter und bleibt ungestört. Nur „Berlin“ und „Midnight Pal“ stammen hier von Wayne. Das erotische „Waiting For The Marines“ stammt von Val Haller(bg)/ Henri Padovani (g), und die Hexenküche von „Think Straight“ inszenierten Drummer J.J. Johnson, Padovani und Produzent David Cunninham: unheimlich anschwellende Herztöne, dazu ein Zischen und Brodeln wie im Labor des Dr. Frankenstein. Wie fühlt Ihr Euch? Beobachtet und von unsichtbarem Wispern umzingelt? War das zuviel des Guten? Dann ruft Eure Mutter. Sie wird Euch sagen, daß dies kein böser Traum war, sondern die Wirklichkeit.