Willie Nelson – Teatro
So ist das nunmal. Auch Musikjournalisten neigen zur Heldenverehrung. Wenn das neue Album einer Ikone erscheint, kann es schon mal vorkommen, daß allein das Ereignis mit fünf von sechs Sternen bewertet wird und nicht die Musik. So gesehen, könnte TEATRO von Willie Nelson jetzt getrost seine sechs Sternchen bekommen und die Kritik wäre hier zu Ende. Gut, auf Wiedersehen. Nein, nein, denn auch Ikonen haben nicht immer nur große Tage, und deshalb geht’s hier noch ein bißchen weiter. TEATRO ist die Fortsetzung von Nelsons spanisch-angehauchtem ’96er SPIRIT-Album, vermag aber dessen atmosphärische Dichte nicht zu erreichen. Dennoch bietet TEATRO neben Willies famosem Fingerpicking und Schwester Bobbies Spiel an der Wurlitzer Orgel der großen Momente genug: die Flamenco-artige Version des ’62er Songs „I Never Cared For You“,das alte „Home Motel“, bei dem Willie nur zur Begleitung des famosen Jazzpianisten Brad Mehldau singt, das orientalisch anmutende „Everywhere I Go“ – einer von drei neuen Songs – und natürlich Emmylou Harris, die bei fast jedem Stück die Harmony-Vocals beisteuert. All das vermag Produzent Daniel Lanois mit seiner Neigung zum voluminösen 8oer-Jahre-Sound, zum patschenden Schlagzeug (hier am besten nachzuhören auf Lanois’grausamer Komposition „The Maker“) nicht kaputtzukriegen. Und das ist allein das Verdienst von Willie, der wahrscheinlich auch mit den Simple Minds als Begleitband und Bob Clearmountain als Producer noch für 4 Sterne gut wäre.
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