Wolfgang Neuss – Live im Domizil; Wolfgang Neuss – Die Villon Show; Wolfgang Neuss – Ach könnte das so schön sein
Wolfgang Neuss, der Mann mit der Pauke, zählte zu den besten satirischen Wortakrobaten der Wirtschaftswunderrepublik. In der Ruinenlandschaft Berlins entwickelte sich nach dem Ende des 2. Weltkriegs eine Kabarettkultur, wie sie bissiger, Ironischer und zynischer nicht sein konnte. Das Verdienst von Neuss, der mit frecher Berliner Schnauze und Dauerpartner Wolfgang Müller im Stammtheater Domizil zum politisch-sozialen, aber auch gesellschaftlichen Rundumschlag ausholte. Seine respektlosen Frech- wie Unverfrorenheiten verkauften sich im LP-Format damals genauso gut, wie heute Platten von Rüdiger Hoffmann oder Piet Klocke. Gleich drei Silberlinge erinnern Jetzt an das wortgewandte Genie: LIVE IM DOMIZIL kompiliert auf einer Doppel-CD drei legendäre Vinylklassiker (DAS JÜNGSTE GERÜCHT, ASYL IM DOMIZIL, MARXMENSCHEN),die den typischen Neuss’schen Stakkatowitz mit fast beängstigendem Tempo transportierten. Dabei lamentierte er nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern präsentierte sich mit gestrecktem Mittelfinger als Prä-68er Anarcho. 1965 setzte Neuss mit der vorsätzlich unerfreulichen DIE VILLON SHOW zur waghalsigen Testamentseröffnung des französischen Volksdichters Francois Villon an – wie auch Schauspielerkollege Klaus Kinski. Neuss hatte keine Angst davor, sich selbst kritisch aufs Korn zu nehmen – ein Charakterzug, den er bis zu seinem Lebensende beibehielt. Aber auch als pointenreicher früher Liedermacher gebührt ihm Anerkennung: Wunderschöne Schlagerevergreens wie „Schlag nach bei Shakespeare“, Moritaten von Brecht („Ballade vom Mackie Messer“) und Erich Mühsam („Revoluzzer“), sowie vier vor Wortwitz sprühende, selbstgebastelte Songs aus seinem Regiedebüt „Wir Kellerkinder“ auf ACH KÖNNTE DAS SO SCHÖN SEIN erinnern an einen ebenso wachen wie unangepaßten Geist der Adenauer-Ära.
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