Wyclef Jean :: München, Colosseum

Learning Pop, Lesson 1-25: Mag sein, dass Wyclef Jean irgendwann einmal aus der HipHop-Ecke gekommen ist. Bei seinem Gastspiel im Colosseum ist diese Herkunft nur noch zu ahnen. Hier steht ein Entertainer auf der Bühne, ein Crossover-Genius, ein Genre-Versöhner, der glühend vor Spaß durch fast die gesamte Pop-Historie tanzt. Einmal macht er die Human Beatbox, einmal den Hendrix. Er schnalzt Schlagzeugsounds ins Mikrophon und spielt Gitarren hinter dem Kopf. Er modernisiert Pink Floyds „Wish You Were Here“ und swingt durch Dylans „Knocking On Heaven’s Door“. Er feiert Jamaica mit Bob-Marley-Covers und Lateinamerika mit „Guantanamera“. Er freestylt mit modernen Rap-Rhymes über die faschistoiden Sicherheitskontrollen zur „Terroristenabwehr“, taucht mit ähnlicher Thematik tief ab in die schon archäologischen Schichten der Popkultur und fegt mit einem von Herzblut durchpumpten Jailhouse Rock“ über die Bühne. „Pahrty“ wird ja auf Konzerten oft und gern versprochen, eine in diese Richtung tendierende Stimmung annähernd genauso oft mit einer einzigen hingerotzten Zugabe wieder niedergestampft. Ganz anders Wyclef Jean: Eine Stunde dauert der reguläre Auftritt, über zwei Stunden der Zugabenteil. Als nichts mehr geht, wirft er den CD-Player an, beschallt die Menge mit alten Soul- und Funk-Klassikern und rappt dazu in alter MC-Tradition. Vorher schon hat er aus der Party-Crowd vor der Bühne einen nach oben geholt und ihm die ersten Schritte im Beatboxing beigebracht. Der traut sich erst nicht recht,entwickelt dann aber ungeahnte Talente. Auch wenn es nach Zuckerwatte-Sentimentalität klingt: Draußen ist’s saukalt, drinnen schwitzendie Fans in Fest-Stimmung, auf der Bühne umarmen sich ein strahlender hellhäutiger Konzertbesucher und ein grinsender dunkelhäutiger Star. Man konnte etwas lernen bei Wyclef.

www.wyclef.com