Yeasayer im Knust, Hamburg

Hört das noch jemand? Beim Beginn von „Love Me Girl“ vom neuen Yeasayer-Album ODD BLOOD muss ich immer „Bailando“ von der schrecklichen Loona mitsingen. Yeasayer fänden das womöglich geil, frönen sie doch auf dem Nachfolger von ALL HOUR CYMBALS nicht mehr Weltmusik und Psychedelia, sondern aufgepumpter 90er-Discosound und Pilzen. Für die Live-Premiere wählte die Band aus Brooklyn dann auch keinen handelsüblichen Club, sondern das New Yorker Guggenheim Museum. Wer noch einen Beweis benötigte, dass Yeasayer „Kunstkacke“ machen, bitte schön!

In Hamburg fällt neben dem schwarzen Nylonstrumpf (!), den sich Bassist Ira Wolf Tuton um den Arm gebunden hat, vor allem ein Seppl-artiger Hilfsdrummer mit Tirolerhut und Vollbart auf. Er soll nebst einem weiteren Drumcomputer- und Tastenbeauftragten im Hintergrund den geschassten Drummer Luke Fasano („künstlerische Differenzen“) ersetzen. Das funktioniert bis zur Hälfte des Konzerts ganz und gar nicht. Den Songs fehlt der auf Platte noch so kantig scharf gesetzte Rumms. Darüber können auch die exaltierten Verrenkungen von Sänger Chris Keating nicht hinwegtäuschen. Wieso schreit der eigentlich so? Ganz im Gegensatz dazu die Ruhe selbst: Gitarrist und Auch-Noch-Sänger Anand Wilder. Gelassen wie der Dude steht der im geräumigen Hemd am Bühnenrand, und wenn er seine Stimme erhebt, stimmt alles: Lautstärke, Intonation und, auch nicht unwichtig, das Gefühl. Besonders toll ist es bei „O.N.E.“. Ausgerechnet bei dem Song, der die Textzeile „You don’t move me any more“ enthält, bewegt sich endlich das Publikum. Nun läuft es. Fast die gesamte neue Platte wird gespielt. Dazu noch kindischen „Terminator“-Humor (Keating vor der Zugabe: „I’ll be back“) und für die Fans dann mit „Sunrise“ doch noch einen alten Song – mit Rumms.

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