Schwebende Soundlandschaften


Der Jazz-Bassist Mich Gerber simuliert solo ein ganzes Orchester und bestreitet damit Rockkonzerte, Vernissagen und Chilil Outs.

Die Idee ist ebenso ausgefallen wie der Mann, der sie hatte. Mich Gerber, Fixpunkt der Berner Jazzszene, Mitmusiker bei Stiller Has und Pale Nudes, träumte schon lange von einem speziellen Soloprogramm für Kontrabass, das aber nach mehr klingen sollte als einem einzelnen Instrument. Lange Zeit war diese Wunschvorstellung nur im Studio machbar, doch plötzlich ging es auch auf der Bühne ohne Probleme:“Die Technologie war lange Zeit nicht bereit dafür, aber seit es das Live-Sampling gibt, sind so ziemlich alle Möglichkeiten offen.“

Und das hört sich dann so an: Aus ersten, scheinbar tastenden Tönen, die geloopt werden und sich ständig wiederholen, entsteht ein Rhythmusgerüst. Darüber legt Gerber Klangschicht um Klangschicht, bis der Eindruck entsteht, es spiele ein ganzes Orchester. Bei einem Auftritt in Burgdorf war der britische Produzent Bruce Reynolds im Publikum. Er lud den Berner zu Aufnahmen nach England ein. Das Resultat ist auf der CD „Mystery Bay“zu hören,die mit ein paar Gastmusikern aufgenommen wurde. Vesponnene, sphärische und auch melancholische Stücke, in denen viele orientalische Melodiebögen auf Beats treffen, die sowohl aus dem Hip als auch TripHop-Bereich stammen. „Die arabischen Einflüsse sind nicht beabsichtigt“, meint Gerber. „Vielmehr glaube ich, daß auch unsere westliche Musik die gleichen Wurzeln hat. Mich interessieren nicht nur die Ursprünge der Musik, sondern auch ihre zeitgenössischen Ausdrucksformen. Techno halte ich zum Beispiel für eine sehr archaische Musik.“ Diese Konfrontation mit Gegensätzen, die die sphärische Spannung seiner Musik ausmacht, sucht Mich Gerber auch bei seinen Auftritten. Die meditativen, kreisenden Kompositionen lassen sich nicht nur zu Theaterprojekten, Vernissagen oder Auftritten auf Rockbühnen verwenden: Auch in scheinbar entgegengesetzte Welten kann Gerber seinen fließenden Klangteppich auslege .“Ich habe schon oft auf Chill Outs gespielt, um fünf Uhr morgens, wenn die Disco vorbei ist. Da sind die Leute ganz weich, offen für ungewohnte Klänge. Und das ergibt sehr eigene Stimmungen.“ Neuerdings hat Mich Gerber für größere Auftritte sogar einen geistesverwandten Partner gefunden: Züri West-Schlagzeuger Gere Stäuble . begleitet ihn am Sampler und verschiedenen Percussionsinstrumenten.