Soul 1


Kann das gutgehen? Nach Gerri Hirsheys atemberaubendem „Nowhere To Run“-Leseerlebnis noch ein Werk, das retrospektiv die Soul-Fährte aufnimmt? So berechtigt die Frage: Es geht mehr als gut, schon allein deshalb, weil sich Peter Guralnick den Trip in die Mo(tor)town-City Detroit geschenkt hat. SWEET SOUL MUSIC – Rhythm And Blues And The Southern Dream Of Freedom, nach FEEL L1KE GOING HOME (Blues) und LOST HIGHWAY (Country) letzter Teil seiner American Music-Trilogie, erzählt ausschließlich, dafür um so detaillierter die Geschichte des 60’s-Southern Soul. Nach Macon/Georgia, in die Fame/Muscle Shoals-Studios von Alabama, und insbesondere nach Memphis führte den Autor seine Südstaaten-Expedition. in deren Verlauf er einsehen muß. daß die allzu romantische Soul-Welt, die sich der begeisterte Boston-Boy Peter Guralnick damals in den Shows von Solomon Burke oder James Brown gezimmert hatte, kaum mit der Realität in Einklang zu bringen ist — Soul, das war nicht nur Black Power, musikalischer Ausdruck gestiegenen schwarzen Selbstbewußtseins, sondern auch ein Geschäft wie (fast) jedes andere, das schwarz und weiß klischeefern zusammenführte. Musterbeispiel dafür ist die STAX-Sage, die Guralnick ausgiebig aufrollt: Von der Hobby-Unternehmung der Geschwister Jim Stewart /Estelle Axton zum Synonym für Southern Soul schlechthin, das allein 1966 mehr als acht Millionen Platten absetzt, nach dem tragischen Tod von „Big O“ Otis Redding aber langsam und stetig ausblutet.

(Virgin Books, ca. 45,— DM)