Kritik

„Space Sweepers“ auf Netflix: Kapitalismuskritisches Bang-Boom-Bang


In dem Netflix-Film „Space Sweepers“ trifft Gesellschaftskritik auf ein bildgewaltiges Sci-Fi-Abenteuer. Die düstere, temporeiche, koreanische Zukunftsvision bietet super Unterhaltung, wirkt stellenweise aber recht überladen und etwas zu hastig. Vorsicht: Spoiler!

„Space Sweepers“ zeichnet auf Netflix eine recht realistische, dystopische Zukunftsvision. Im Jahr 2092 sind, im Zuge des unregulierten globalen Kapitalismus, auf der Erde die Wälder verschwunden und Wüsten breiten sich aus. Die unter Smog verblassende Sonne und saure Böden führen zum Verlust der Flora und Fauna. Das Unternehmen UTS baut im erdnahen Orbit einen neuen Zufluchtsort für alle, die der sterbenden Erde entfliehen können.

Hier der Trailer von „Space Sweepers“:

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Klassenkampf, Klimakrise und Nationalismus

Doch das können nur wenige Auserwählte: Denn während UTS die gut ausgebildeten und finanziell privilegierten Erdbewohner*innen für ein Leben auf einer ihrer orbitalen, paradiesischen Raumstationen auswählt, müssen alle anderen Menschen auf der sterbenden Erde zurückbleiben oder im Orbit für UTS als Menschen zweiter Klasse arbeiten.

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Diese treffende Gesellschaftskritik, die sich ohne viel Fantasie auf unsere aktuellen globalen Verhältnisse und die Vorhersagen von Klimaforscher*innen weltweit übertragen lässt, ist die größte Stärke der Films – sie dient als Basis von „Space Sweepers“. Auch gilt UTS als eigener souveräner Staat, mit Staatsbürger*innen und Menschen mit Arbeitsvisum oder ohne Aufenthaltsgenehmigung, was sich ebenfalls auf die aktuelle Politik von wohlhabenden Nationalstaaten gegenüber weniger privilegierten Menschen aus anderen Ländern übertragen lässt.

Eine Crew von Müllsammler*innen

Im Zentrum der Storyline steht eine Crew von koreanischen, orbitalen Müllsammler*innen, die mit ihren Konkurrent*innen um die größten Haufen Weltraummüll kämpfen. Denn der in der Erdumlaufbahn herumfliegende Müll, wie alte Satelliten oder verlassene Raumschiffe, gefährdet die Raumstationen von UTS und bringt somit Geld ein.

Diese Working-Class-Gang ist ein zusammengewürfelter Haufen von mehr oder weniger sympathischen Weltraumpirat*innen, die versuchen, ihre immensen Schulden, die sie sich zum Kauf ihres Raumschiffs „Victory“ aufgebürdet haben, bei der Bank abzustottern. Daher ist Geldverdienen ihre oberste Maxime. Die ständige Angst vor dem Platzen des Kredits lässt sie bis aufs Blut mit Anderen konkurrieren.

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Doch alles ändert sich, als sie ein von UTS gesuchtes, junges Mädchen, das als extrem gefährlich gilt, auf einem verlassenen Raumschiff entdecken. Dieses Mädchen hat besondere Kräfte, die von UTS gefürchtet werden.

Der Feind ist ein Tech-Milliardär

Der Staat und das Unternehmen UTS wird von dem Doktor, Physiker, Raumfahrt-Ingenieur, Historiker und reichstem, sowie mit 152 Jahren ältestem Mann der Welt geführt. Dieser weiße vermeintliche Retter der Menschheit heißt James Sullivan und erinnert zu Beginn stark an die aktuelle Top 3 der „Forbes-Liste“ aus dem Silicon Valley, was einen weiteren Bogen zu unseren aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen und Klassen schlägt.

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Im Laufe des Films entpuppt sich der Tech-Milliardär dann allerdings als fieser Faschist, der auf dem Mars eine „reinere, bessere Welt“ erschaffen möchte, die nur den von seinem Unternehmen auserwählten Bürger*innen von UTS zur Verfügung stehen soll. Der Rest der Weltbevölkerung soll durch einen finsteren Plan vernichtet und unterjocht werden. Ein klassischer Bösewicht also, den der Film jedoch recht gelungen an die aktuellen Größen der Technologie-Branche anlehnt.

 Zuviel Bang Boom Bang

Das Special-Effects-Department hat bei diesem Sci-Fi-Kracher ganze Arbeit geleistet. Die detaillierten CGI-Animationen sehen super aus und auch die Action kommt in dem etwas mehr als zweistündigen Film nicht zu kurz.

Allerdings leidet darunter das Storytelling – die ganze Geschichte hat leider etwas zu viel Tempo: Plot-Twists kommen aus dem Nichts und die verschiedenen Szenerien sowie bildgewaltige Actionszenen folgen Schlag auf Schlag, weshalb der gesamte Film überladen wirkt. Eine etwas längere Fassung hätte hier gut getan, um die komplexe Handlung etwas zu entzerren. Nichtsdestotrotz bleibt die systemkritische Aussage und Haltung des Films erhalten und liefert in Kombination mit den sehr gelungenen CGI-Effekten ein gutes Gesamtbild ab. Man fühlt sich unterhalten, auch wenn das ganze schrille „Bang Boom Bang“ zwischenzeitlich etwas überfordern kann.

 „Space Sweepers“ mit Song Joong-Ki, Kim Tae-ri, Seon-kyu Jin, Hae-Jin Yoo und Richard Armitage ist seit dem 05.02.2021 auf Netflix abrufbar. Der koreanische Science-Fiction-Film ist 137 Minuten lang.

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