The Singles


Die Improvisations-Supergroup um – vor allem – Hot Chip Alexis Taylor und Charles Hayward von This Heat nimmt sich auf dieser Single „You’re No Good“ (Domino/Good To Go) an, einem Latin-Soul-Song aus den Sechzigern, der 1967 vom Avantgarde/Minimal-Komponisten Terry Riley in einer freiformalen Version zerlegt worden war. About Group beziehen sich sowohl auf das Original als auch auf Rileys Dekonstruktion. Auf diese Weise entsteht eine elfminütige, durchaus anhörbare Space-Jam-Minimal-Blues-Rock-Nummer. Blues-Rock muss ja nicht immer weh tun.

Wie wir alle wissen, handelt es sich bei Benoit & Sergio nicht um ein Italo-Disco-Duo, sondern um ein Produzententeam aus Washington DC. Das hat seine jüngste Maxi bei DFA herausgebracht. „Boy Trouble“ (DFA) ist eine Art Novelty-Electro-Pop mit Cheapo-Elementen aus den Achtzigern und Tech-House-Texturen. Aber Benoit & Sergio beherrschen auch die perkussive Abstraktion von Electro („Full Grown Man“). Frauen müssen übrigens keine Angst vor den beiden haben, wie gelangweilt hier der Satz „I love girls“ gesungen wird, lässt auf prä-koitale Narkolepsie schließen.

Will Oldham mal wieder. „Island Brothers“ (Domino/Good To Go) ist die neueste Kurze von Bonnie „Prince“ Billy & The Cairo Gang. The Cairo Gang ist ja keine Gang im Wortsinne, sondern besteht aus dem Songwriter Emmett Kelly. „Island Brothers“ beginnt als rumpelnder Countryrocker, wird kurzzeitig zu einem Cool-Jazz-Stück, bevor es Beach-Boys-mäßig endet. Die B-Seite „New Wonder“ kommt als countryfizierte Ballade mit Piano, Besenschlagzeug und weiblichem Harmoniegesang. Also mit anderen Worten: zwei hervorragende Songs. Die Erlöse aus dem Verkauf (zumindest der 10-Inch, zumindest in den USA) gehen an die Erdbebenhilfe für Haiti.

Die zweite 12-Inch aus der Werkschau des Berliner Labels BPitch Control enthält vokale Tracks von Cormac und Kiki & Lenz. Wir wollen uns aber bei Werkschau EP 2 (BPitch Control/Kompakt) auf den Beitrag von Aérea Negrot konzentrieren. Die Wahlberlinerin mit Wurzeln in Venezuela ist bei Hercules & Love Affair als veritables Bühnentier tätig. „Deutsche werden“ erzählt zu oldschooligem Electro-House augenzwinkernd von den Bemühungen Negrots, tja, eine Deutsche zu werden.

Der Track des Jahres (so far) stammt von Emika, der in Berlin lebenden Britin mit tschechischen Wurzel, der wir die Field-Recordings aus dem Berghain auf der 7-LP-Box Fünf des Ostgutton-Labels zu verdanken haben. „Count Backwards“ (Ninja Tune/Rough Trade) ist ein schwerer, düsterer, schleppender, gewaltiger, ja, Dubstep-Track mit Emikas Gesang zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Marcel Dettmann macht aus dem Ausgangsmaterial einen Technotrack, der im Verlauf von sieben Minuten fast unmerklich an hypnotischer Intensität gewinnt.

Coverversionen hatten wir lange nicht mehr in der Geballtheit wie auf „Willkommen bei Madsen“ (Vertigo/Universal). Vier Fünftel der Songs hier sind Fremdkompositionen und haben es in sich. „Bulletproof“ von La Roux wird zum Madsen-Song‘ „Have You Ever Seen The Rain“ von Creedence Clearwater Revival zum halben Madsen-Song und „Psycho“ von The Sonics zum Belastungstest für Sebastian Madsens Stimmbänder. Als CD ist diese EP sehr limitiert.

Düsseldorf ist ja eine der Welthauptstädte der populären Musik (Unwissende bitte sofort wikipediaen!). Insofern wirkt der Aufkleber auf dem Cover der „Gold EP“ (Italic/Rough Trade) von Stabil Elite schon mal Neugierde erweckend. „The Sound Of Young Düsseldorf“ ist da zu lesen, schwarz auf gold. Das Trio spielt einen Analog-Synthie-Rock-Pop, in dem sich die besten Quellen aus drei Jahrzehnten Pop der Hauptstadt Nordrhein-Westfalens finden. Von Kraftwerk („Gold“ mit einem dezenten „Autobahn“-Zitat) über Der Plan (die Texte! Der Gesang!) bis hin zu Fehlfarben und Deutsch-Amerikanische Freundschaft.

Marco Haas aka T.Raumschmiere hat meist ein glückliches Händchen für wortspielreiche Track- und Albumtitel (I Tank You), die sich diesseits der Kalauergrenze bewegen. Der Titel seiner neuen EP ist wieder so einer, auch wenn er zusätzlich von einer gewissen Programmatik kündet „The Rave Is On“ (Shitkatapult) hat auf der 12-Inch drei mehr oder weniger sleazy Electro-Raver, wobei „Duster“ dazu mit ein paar Schrägheiten aufs Experimentierfeld lockt. Als digitalen Bonus gibt es vier Remixe. Der des Tracks „Entertain Me“ von Fukkk Offf ist Post-Justice-Electro-Gerocke. Und T.Raumschmieres Labelmate Thomas Brinkmann gibt dem Titeltrack „The Rave Is On“ eine schärfere Techno-Kante.