This Was Hardcore


Als Teenager hörten und spielten Bishop Allen Punk. So gehört sich das. Jetzt spielen sie Indie-Pop. So soll es sein.

In den 80ern US-Teenager und Fan alternativer Musik zu sein, bedeutete fast zwangsläufig, mn Hardcore in Berührung zu kommen. So ging es auch Justin Rice an seiner Highschool in Texas:

„Es ging los mit einer Fugazi-Platte. Von da aus habe ich dann den ganzen US-Hardcore ausgecheckt: Minor Threat, Black Flag und so weiter. Es war eine völlig andere Welt damals, ohne Internet. Ich las Punk-Fanzines, rannte zu Gigs in irgendwelchen Lagerhallen in Dallas ich tat alles, um so viel wie nur möglich an Musik mitzukriegen, die nichts mit Mainstream zu tun hatte. „Derart gesund sozialisiert, spielte Rice, nach Brooklyn umgezogen, in der Band The Pissed Officers mit seinem Studienkollegen Christian Rudder dann Hardcore-Punk, bevor die beiden2003 als Bishop Allen anfingen, sanftere Töne anzuschlagen. Ihr Mini-Hit „Click Click Click Click“ wurde 2007 in einem Werbespot verwendet, das zugehörige Album THK BROKEN STRING sorgte bei der- noch überschaubaren – Käuferschaft für Entzücken. Ihr jetzt erschienenes drittes Album GRRR… ist eine drollige, liebevoll gebastelte Indie-Pop-Platte geworden.

Musik war aber nie das einzige kreative Ventil der beiden Harvard-Absolventen. Als DJs beim Unisender WHRB erlebten die zwei in den 90ern die letzten einflussreichen Tage des US-College-Radios diese Zeiten sind vorbei, sagt Rice: „Durch Medienkonzerne wie Clear Channel Communications sind die kleineren College-Sender verdrängt worden. Darum wird das Internetradio immer wichtiger. Je eher diese neuen Sender ein Gefühl für ihre Rolle entwickeln und dem Vorbild der alten College-Sender nachfolgen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie eine loyale Hörerschaft anziehen und Bedeutung gewinnen können.“

Auch im Internet waren Rice und Rudder früh dabei: Zu Zeiten des dot.com-Booms um die Jahrtausendwende arbeiteten sie für zahllose, mit einer Ausnahme „zum Scheitern verurteilte“ (Rice) Online-Firmen. Diese Ausnahme war die Seite TheSpark.com, die Lesehilfen für Studenten anbot und durch Rudds humorige Artikel zu einer der beliebtesten Web-Adressen ihrer Zeit wurde. Auch beim Film haben sich die zwei versucht: Nachdem sie in Indie-Filmen wie (dem von ihrem früheren Mitbewohner gedrehten) „Funny Ha Ha“ mitgespielt hatten, hatten sie nun einen Kurzauftritt im unlängst erschienenen „Nick und Norah“. Rice, der vor zehn Jahren einen Dokumentarfilm über Bob Dylan drehte, will aber hauptberuflich Musiker bleiben: “ Schauspielunterricht würde mir helfen. Aber ich mache lieber eine neue Platte.“

Die letzte entstand quasi in Schichtarbeit: Morgens war Rudder im zum Heimstudio ausgebauten Proberaum, abends Rice, der dann Notizen mit Anregungen und Anweisungen für den Kollegen hinterließ. War das nicht riskant? “ Es gab schon Momente, wo wir verschiedener Meinung waren“, so Rice, „aber derjenige, der etwas an einem Song mochte, hat einfach doppelt so hart gearbeitet, um den anderen zu überzeugen. Wenn du etwas durchsetzen wolltest, musste es schon verdammt gut sein. „

Albumkritik ME 4/09