Tindersticks


T-Shirts sind verpönt, Maßanzüge Pflicht. Englands Gentlemänner spielen schaurig schöne Soundtracks, die auch ohne Film begeistern

Es ist nicht so, daß wir unsere Musik nicht auch in Jeans und T-Shirt spielen könnten. Doch wenn wir zu den Leuten gehören würden, die Jeans und T-Shirts tragen, würden wir nicht diese Musik machen“, sinniert Sänger Stuart Staples, wie immer korrekt in englischen Zwirn gehüllt. In der Tat, die Tindersticks haben mit herkömmlichen Rockgruppen rein gar nichts gemein. Sex, Drugs & Rock’n’Roll? Nichts ist unwahrscheinlicher, als das Sextett auf Bühne stehen zu sehen, während Sir Stuart ruft: „Wembley, are you ready to R-O-C-K?“ Die Tindersticks sehen im Country viel engere Parallelen zu ihrer Musik. „Viele Leute beschreiben uns als düster und melancholisch, dabei verkennen sie, daß wir auch eine fröhliche Seite haben. Wie bei Country-Stücken, soll man bei unseren Songs lachen und weinen können, uns ist das gesamte Spektrum der Emotionen wichtig. Wir haben unsere Musik immer als Soundtracks zu imaginären Filmen bezeichnet“, erklärt Stuart, der ein großer Verehrer von James Bond-Komponist John Barry und dem Easy Listening-Veteranen Burt Bacharach ist. „Ich könnte mir gut vorstellen, Musik für schwarze Komödien wie ‚Delicatessen‘ oder ‚Man Bites Dog‘ zu schreiben.“

Auf ‚Tindersticks II‘, aufgenommen im Kölner Conny Plank-Studio, verbindet die Gruppe Lo-Fi-Approach mit aufwendigen Streicherarrangements. „Es ist heutzutage gar nicht so einfach, ein gutes Studio zu finden, das nicht mit all dem digitalen Firlefanz zugebaut ist. Darum haben wir uns für ‚Conny’s‘ entschieden. Die Streicher haben wir dann im Londoner Abbey Road-Studio aufgenommen.“ Die Tindersticks sind Perfektionisten, doch für die Aufnahmen ihrer beiden Studioalben brauchte die Band lediglich drei Wochen – und das für jeweils mehr als 70 Minuten Musik. „Der Proberaum ist für uns der wichtigste Ort“, sagt Stuart Staples, „dort entsteht alles. Wenn wir ins Studio gehen, wissen wir schon genau, was wir wollen, deshalb geht es so schnell. Außerdem sind Tonstudios nicht gerade Orte, in denen wir uns länger als nötig aufhalten wollen.“

Für die Tindersticks bedeutet kommerzieller Erfolg, wenn eine Platte ihre Kosten wieder einspielt. „Wir würden auch Platten nur für uns selbst machen“, ist die einstimmige Meinung aller Tindersticks, die vor gar nicht langer Zeit ihre selbstfinanzierten Vinylscheiben noch unter ihren Betten stapelten. „Wir sind eine sehr faule Band. Wir machen dieses Interview nur, weil jemand uns sagt, daß wir es tun sollen. Sonst würden wir nur herumsitzen und Songs schreiben. Wenn es nach uns ginge, würden wir zwar Platten produzieren, aber wir wären viel zu faul, uns darum zu kümmern, daß sie auch verkauft werden.“ Auf ihren Konzerten bieten die Tindersticks heute noch liebevoll selbstentworfene LPs an. Auch im Mai wieder, wenn die Band auf EuropaTour geht.