Tom Petty


Ein Bühnenbild wie zum Weihnachtsmärchen von Schneewittchen und den sieben Zwergen: ein gewaltiger Baumstumpf mit herausragenden Ästen. Darunter eine Tür sowie eine Treppe, die auf den Bühnenboden führt. Acht kristallglitzernde Kronleuchter. Kerzenständer. Eine Schatztruhe. Scheinwerfer tauchen die ganze Szenerie in warmes Licht.

Offensichtlich die richtige Stimmung, um dem von chronischem Lampenfieber geplagten Petty einen Adrenalinstoß in die Stimmbänder zu jagen. Die ist zwar dank übermäßigem Zigarettenkonsum etwas in die tieferen Tonlagen abgestürzt (und klingt oft wie die des anderen Teilzeit-Wilbury Bob Dylan); dennoch erleben die 6355 Zuschauer im Maiskolbenstaat Nebraska zum Tourneestart knapp zwei Stunden einen Tom Petty auf dem Zenit seines Könnens.

Wie eine außer Kontrolle geratene Achterbahn stürzen sich Petty und seine Heartbreakers in den Song „Out In The Cold“, treten voll auf die Bremse in dem Byrds-lastigen „Listen To Her Hearf und verzichten bewußt auf ein Sicherheitsnetz bewährter Hits. Alle Songs stammen primär von der neuen LP INTO THE GREAT WIDE OPEN („Learning To Fly“, „Makin‘ Some Noise“, „Built To Last“) oder aber von Pettys Soloalbum FÜLL MOON FEVER. Petty liefert gar zwei überraschende Coverversionen: den mit Mandoline gesüßten Van Morrison-Song „I’m Tired, Joey Boy“ und das mit Ehrfurcht vorgetragene „Psychotic Reaction“ von Count Five. ein Meilenstein des Garagenrock aus dem Jahre ’66. Dazu ¿

darf Drummer Stan Lynch aus aufgeblasenen Lungen die Vocals prusten, während Petty ihn vornehm zurückhaltend auf der Mundharmonika begleitet; die war ihm zuvor von einem monstermäßigen Butler auf einem überdimensionalen Silbertablett überreicht worden.

Es warten aber auch noch andere Unholde auf ihn. Als Petty „Don’t Come Around Here No More“ intoniert, stürzen drei finstere Gesellen mit den Masken von Nixon, Reagan und Bush die Treppe hinunter und jagen ihn kreuz und quer über die Bühne. Erst ein riesiges Peace-Neonsymbol vertreibt die ungeladenen Bösewichte.

Der sonst stets ernst und zugeknöpft wirkende Petty hat sichtlichen Spaß an der Atmosphäre dieser Tournee. Zumal die Heartbreakers diesmal weitaus mehr sind als Pettys 15jährige Gewohnheitspartner. Gitarrist Mike Campbell und Tastenmann Benmont Tench stehlen gar „Runnin“ Down A Dream“ direkt aus Pettys Mund und unter seinen Füßen weg. Der derart Düpierte quittiert’s lediglich mit einem breiten Grinsen. So gelassen und gut war Tom Petty wohl noch nie.