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„Tomb Raider“-Kritik: Moderne Heldin sucht spannende Geschichte


Lara Croft begibt sich auf ihr erstes Abenteuer und sucht auf einer japanischen Insel nach ihrem Vater.

Zwei verschwitzte Frauen im Sport-BH kämpfen Kopf an Kopf in einem Boxring. Eine der beiden ist Lara Croft und es ist die Eröffnungsszene der Heldin – neuerdings gespielt von Alicia Vikander. „Tomb Raider“ droht innerhalb der ersten Minuten in die Pin-Up-Girl-Falle zu treten. Aber Regisseur Roar Uthaug beweist schon kurz danach – unter anderem mit der coolsten Fahrrad-Verfolgungsjagd durch East-London –, dass seit Angelina Jolie und der Verfilmung der Computerspielfigur im Jahre 2001 doch einiges passiert ist: Eine weibliche Heldin muss keine großen Brüste haben. Und sie muss auch nicht verrückt nach Babys sein, wie zum Beispiel „Wonder Woman“. Lara Croft ist zwar ein Action-Star, dabei aber irgendwie auch angenehm normal.

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Der neue „Tomb Raider“ basiert auf dem Computerspiel-Reboot von 2013, dem finanziell erfolgreichsten Teil der Spielreihe, und beginnt damit, dass Lara zugeraten bekommt, den Tod ihres Vaters Richard (Dominic West) zu akzeptieren, der auf einer Expedition verschwand, als sie noch ein kleines Mädchen war. Sie soll endlich sein Erbe antreten. Doch die 21-Jährige ist voller Zweifel: „I’m just not that kind of Croft“, sagt sie zu Ana Miller (Kristen Scott Thomas), ihrem Vormund.

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Die Vater-Tochter-Beziehung ist Aufhänger und Mittelpunkt und verleiht dem Film seine ganze Emotionalität. Der Archäologe brachte seiner „Sprout“ den Umgang mit Pfeil und Bogen bei, erzählte ihr Geschichten und lehrte sie, wie man Rätsel löst. Typisch Crofts ist es also auch ein hinterlassenes Rätsel des Vaters, das der jungen Frau einen finalen Hinweis und auch die letzte Hoffnung darauf gibt, herauszufinden, was mit ihm passiert ist. Lara Crofts erstes Abenteuer beginnt, als sie sich auf die Suche nach ihrem Vater macht. Zuletzt gesehen wurde er auf einer sagenumwobenen Insel vor der japanischen Küste, wo das Grabmal der Königin Himiko gelegen sein soll.

Schon auf der Reise dorthin macht Alicia Vikander aus der Protagonistin eine wirkliche Heldin: mit Ängsten, Zweifeln, aber jeder Menge Willensstärke. Wenn sie später in den Trümmern eines Flugzeugs über einem reißenden Fluss gefangen ist, hat man zwischendurch sogar – wenn auch nicht wirklich – das Gefühl, sie könnte vielleicht scheitern. Als sie in ihrer Not das erste Mal jemanden ertränkt, kommen ihr vor Schock sogar die Tränen. Vikanders Croft ist verletzlich und unerfahren – noch kämpft sie auch nicht mit ihren Signature-Pistolen –, aber bisher die wahrscheinlich authentischste Version der Figur.

Croft ist größer als die Geschichte

Leider kann die Geschichte mit ihrer Protagonistin nicht ganz mithalten. Der Film wartet gemäß Genre-Standard mit allem auf, was auch „Indiana Jones“ zu bieten hat – wacklige Leitern, Skelettberge und Falltüren. Da kann auch Tom Holkenborg mit seinem Soundtrack à la „Mad Max: Fury Road“ nur bedingt dagegenhalten. So richtig packend wird es nicht. Wer das Schicksal teilt, wird Verbündeter, wer zwielichtig erscheint, ist Bösewicht.

Walton Goggins bleibt als Schurke blass.

Und auch der ist ein ganz klassischer Gegner: Walton Goggins, ein Liebling von Quentin Tarantino, bewies eigentlich in „Django Unchained“, dass er alles hat, was ein Schurke so braucht. Als Mathias Vogel, der nach jahrelangen Bemühungen, in das Grab von Himiko zu gelangen, wahnsinnig geworden ist, kommt er aber nicht so richtig zum Zug. Aus Gier und Überheblichkeit unterschätzt der Gestrandete die Gefahr und geht daran – wie so viele Antagonisten vor ihm – zugrunde.

Roar Uthaug ist hier ein starkes Porträt einer jungen Heldin gelungen, nur mit der Spannung hat es nicht richtig geklappt. Für den Film sollen anfangs auch Regisseurinnen im Gespräch gewesen sein. Da fragt man sich doch: Was hätte eine Kathryn Bigelow wohl noch alles in petto gehabt?

Warner