„Verknipt“ : 1000 Corona-Fälle nach Festival in Utrecht


Beim niederländischen Festival „Verknipt“ in Utrecht infizierten sich am 3. und 4. Juli rund 1000 Besucher mit Corona - trotz vorherigen Testungen und Hygiene-Maßnahmen. Der Fall zeigt die Risiken einer zu frühen „Rückkehr zur Normalität“ im Live-Geschäft und könnte auch für uns Folgen haben.

„Verknipt“ heißt so viel wie „durchgeknallt“ und ist der Name eines mittelgroßen Electro-Festivals in Utrecht. Am vergangenen Wochenende feierten dort rund 20.000 Menschen. Nach Angaben der Organisierenden habe man sich dabei an alle Auflagen der Gesundheitsbehörden gehalten. Zudem durften nur negativ getestete, genesene oder geimpfte Personen auf das Festivalgelände – was angeblich hart kontrolliert wurde. Dafür habe man extra ein großes Zeitfenster zum „Einchecken“ eingerichtet, um einen zu großen Andrang zu vermeiden.

„Wir haben alles nach den Regeln gemacht und noch mehr“

Trotzdem infizierten sich laut der Gesundheitsbehörde GGD an beiden Tagen jeweils rund 500 Menschen mit dem Corona-Virus. Die Gesundheitsbehörden fürchten gar, dass diese Zahlen noch steigen könnten. Die Festivalorganisatorin Reza Fathi sagte dem holländischen Nachrichtenportal AD: „Wir haben alles nach den Regeln gemacht und noch mehr. Ich habe die GGD gefragt, was die Ursache sein könnte, aber sie konnten mir keine endgültige Antwort geben.“

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Infizierung zwischen Testergebnis und Festival

Die GGD vermutet mittlerweile, dass sich einige Besucherinnen und Besucher im Zeitraum zwischen dem Negativtest und dem Festivalbesuch ansteckten. Was das große Problem der Live-Branche zeigt: Diese Schnelltests haben streng genommen nur eine Aussagekraft für wenige Stunden und sind bei Betreten des Geländes eben nicht mehr aktuell. Außerdem zeigen diese Zahlen das, was man eh schon wusste: Ein Festivalumfeld ist der perfekte Nährboden für ein Superspreader Event. Mit den noch frischen und verstörenden Bilder vom Wembley-Finale im Sinn, kann einem da schon mulmig werden. Und „Verknipt“ zeigt auch: Die Regelung, dass ein per Schnelltest negativ Getesteter den gleichen Status hat wie ein Geimpfter oder Genesener kann aus Sicht der Veranstaltenden nur schwer aufrecht gehalten werden. Diese Erkenntnis könnte auch Konsequenzen für die deutsche Livebranche haben. Eine Impfpflicht wird es zwar nicht geben, aber es Veranstaltende haben die Möglichkeit per Hausrecht zu bestimmen, dass zum Beispiel nur vollständig Geimpfte Zutritt erhalten. Was ja auch Emmanuel Macron sehr clever betonte, als er kürzlich zur Nation sprach: Nach seiner Rede gab es an einem Tag mehr als eine Millionen Anmeldungen für einen Impftermin – überwiegend in der Gruppe junger Menschen, denen er vorher klargemacht hatte, dass sie bald nicht mehr in Club-, Bar- oder Kino-Räume gehen könnten, wenn sie sich nicht impfen ließen.

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Die Folgen für Festivals in England und Deutschland

Die schlechten Nachrichten aus Utrecht werden sicher auch in England gelesen werden, wo sich Boris Johnson immer noch anschickt, inmitten der Delta-Welle zur vermeintlichen Normalität zurückzukehren. In UK  steht Ende Juli zum Beispiel das Latitude Festival in Suffolk mit rund 35.000 Gästen an, im August folgt dann das Wochenende mit dem Reading und Leeds Festival, die beide an drei Tagen jeweils rund 100.000 Menschen auf dem Gelände haben. Da kann man sich ungefähr ausrechnen, was es bedeuten würde, wenn ein paar hundert Infizierte auf dem Gelände sind …

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