Violent Femmes


Lag es vielleicht an der aktuellen Coverversion von Culture Clubs „Do You Really Want To Hurt Me“? Oder stimuliert Gordon Gano schlicht und einfach in bester Popstar-Tradition den minderjährigen Hormonhaushalt? Wie auch immer: Die Große Freiheit, Schauplatz des ersten Femmes-Gastspiels nach über fünfjähriger Abstinenz, war jedenfalls fest in Teenager-Hand. Und die kannten nicht nur die Texte des aktuellen Albums WHY DO B1RDS SING? in- und auswendig, sondern gröhlten selbst dann noch fröhlich mit, wenn das Trio aus Milwaukee frühe Perlen wie „Blister In The Sun“ oder „Add It Up“ hervorkramte.

Mit leichtverdaulichen Sing-A-Longs ä la „Look Like That“ oder „Hey Nonny Nonny“ schmieren Gano, Bassist Brian Ritchie und Steh-Trommler Victor De Lorenzo ihrem willigen Auditorium zunächst Honig um den Flaum, später ist dann im zweistündigen Repertoire auch Platz für härtere Garagen-Sounds wie das nach wie vor umwerfende „Ugly“ und düstere Drohungen ä la „Gimme The Car“. Verstärkung an Gebläse und Keyboards haben die Femmes zumindest live gestrichen, und diese Reduktion aufs wesentliche steht der Band gut zu Gesicht. Die mittlere Schaffensperiode, damals Gegenstand interner Auseinandersetzungen, die fast zum Split geführt hätten, wird heute bis auf kurze Einwürfe (..Old Mother Reagan“) fast völlig ignoriert. Auch wer auf die eine oder andere originelle Coverversion gehofft hatte, wird enttäuscht.

Ohnehin sind die Violent Femmes des Jahrgangs ’91 doch eine völlig andere Band. Slapstick-Einlagen und Situationskomik, früher ein wesentlicher Bestandteil ihrer Shows, bleiben außen vor. Sicher: Zu Ehren ihres „Flamingo Baby“ lupfen die Drei schon mal unisono das Beinchen, doch spontane Turbulenzen sind kaum gefragt. Vielleicht sind sie’s einfach leid gewesen, als Kiamauk-Rock „n‘ Roller gehandelt zu werden. Gerade Gordon Gano. ehedem ein Meister der rhetorischen Retourkutsche, entpuppt sich als singender und still lächelnder Ausbund an Introvertiertheit. Unglücklicherweise glaubt Brian Ritchie. die optischen Kohlen aus dem Feuer holen zu müssen und stakst rockergeil über die Bretter.

Leicht ungläubig blinzelt Gano in die Runde, als die Ovationen nach zwei Zugaben immer noch nicht enden wollen. Die Boys & Girls hatten sogar ohne Murren weggesteckt, daß sie „Do You Really Want To Hurt Me“ überhaupt nicht gebracht hatten. Eine Erklärungshilfe für das Phänomen „Violent Femmes ’91“ fällt also schon mal flach …