Weil AufRAPeln Teil des amerikanischen Traums ist


Es wäre alles viel zu einfach gewesen: Weißer Junge nennt sich Eminem, reimt sich aus dem Trailer Park in die Hitparaden, verkauft mehr Platten als irgendein anderer Künstler in den Nullerjahren, dreht über seine kaputte Jugend einen oscarprämierten Blockbuster, heiratet zweimal seine Jugendliebe, gewinnt mehr Awards und Auszeichnungen als in eine Detroiter Villa passen würden und lebt glücklich und gesegnet bis ans Ende seiner Tage. Natürlich wissen wir alle, dass dies so nicht der Fall war.

18. Juni

Es wäre alles viel zu einfach gewesen: Weißer Junge nennt sich Eminem, reimt sich aus dem Trailer Park in die Hitparaden, verkauft mehr Platten als irgendein anderer Künstler in den Nullerjahren, dreht über seine kaputte Jugend einen oscarprämierten Blockbuster, heiratet zweimal seine Jugendliebe, gewinnt mehr Awards und Auszeichnungen als in eine Detroiter Villa passen würden und lebt glücklich und gesegnet bis ans Ende seiner Tage.

Natürlich wissen wir alle, dass dies so nicht der Fall war: Drei Jahre ist es her, dass Marshall Bruce Mathers III beinahe an einer Überdosis gestorben wäre. Erst dröhnte sich der Rapper mit anständigen Drogen zu, dann griff er zu jenen Pillen, die amerikanischen Mittelschichtshausfrauen tagein tagaus ein stetes Styropor-Lächeln auf die Lippen legen: Vicodin, Valium, Ambien – erst Upper, dann Downer, dann beides zusammen. Der Trip endete pünktlich zum Weihnachtsfest 2007 auf der Intensivstation. Zwei Aufenthalte in der Entzugsklinik, eine Scheidung und ein maues Album (Relapse) später hatten die meisten den Mann, den der Guardian „einen der größten Dichter unserer Zeit“ nannte, nicht ohne Grund abgeschrieben.

Als Mitte des Jahres die Plattenfirma ein neues Album von Eminem ankündigte, zuckte kaum einer. Die erste Single? Weit unter Talent. Dann das Album: Recovery steht drauf. Na gut. Die ersten Tracks? Irgendwie okay. Auf der zweiten Hälfte des Albums reimt Eminem jedoch, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. Jede Zeile sitzt, die Strophen werden länger und länger, die Stücke größer und größer. Wir hören einen Mann, der seine Dämonen niederringt. Der nicht aufgibt. Der es sich und der Welt beweist. Der um seinen amerikanischen Traum kämpft. Und dazu gehört eben auch das Versprechen, dass man wieder aufstehen darf. Wenn man es denn kann. jr