11111011101: Ein Jahr in Einsen und Nullen


Von Erfolgen, Enttäuschungen und Kuriositäten in der digitalen Musikwelt. Ein Rückblick. Teil 1: Streaming.

Es gab in 2013 ein allumfassendes Thema in der digitalen Musikwelt: Streaming. Seit Beginn des Jahres waren in regelmäßigen Abständen Jubelmeldungen zu vernehmen, die das Ende der dunklen Jahre der Musikpiraterie und eine rosige Zukunft für Musiker, Plattenbosse und Betreiber von Streaming-Diensten versprachen.

Immer mehr nutzen Streaming

So sollen im ersten Halbjahr 2013 in Deutschland die Umsätze aus dem Musikstreaming um 137 Prozent gestiegen sein. Mit rund drei Prozent Marktanteil blieb man hierzulande zwar hinter Nationen wie dem Spotify-Mutterland Schweden (mehr als 70 Prozent) zurück. Dennoch lobte der Chef des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI) Streaming „zu Recht als Trend der Stunde“. Laut einer Umfrage des Branchenverbandes BITKOM vom Juli sollen rund sechs Millionen Deutsche regelmäßig gestreamt haben, jeder Fünfte kannte gar Dienste wie Spotify, Deezer und Co.. Besonders Jugendliche nutzten diese häufig.

Die Aussichten waren gar so vielversprechend, dass sich die britischen Marktforscher von ABI Research im August zu der Prognose verleiten ließen, Ende 2013 solle es weltweit knapp 30 Millionen bezahlende Streaming-Kunden geben. Bisher gibt es für diese Zahlen noch keine Bestätigung.

Spotify: Fortsetzung einer Erfolgsgeschichte

Eines kann festgehalten werden: Das Streamen von Musik im Internet hat sich vom Nischenmarkt für webaffine Musikfreaks zum massentauglichen Produkt entwickelt, mit weltweiten Jahresumsätzen in Milliardenhöhe. Für die ersten Reihen der digitalen Dienstleister war es daher wichtig, ihr Angebot im Bereich Streaming zu erweitern, wollen sie sich langfristig ihren Teil des Kuchens sichern. Und das taten die meisten.

Eine Erfolgsgeschichte, die sich auch in 2013 fortgesetzt hat, ist die von Spotify. Das in Schweden gegründete Unternehmen konnte seine Position als Pionier des Musikstreamings ausbauen und ist heute der weltweit größte Anbieter dieser Art, mit mehr als 24 Millionen Nutzern in 32 Ländern. Auch der französische Dienst Deezer konnte seine Reichweite auf rund 12 Millionen Nutzer erhöhen. Die wohl wichtigste Meldung: Im Jahr 2014 wird Deezer den US-Markt entern.

Mit einem besonderen Angebot machte das in Norwegen verwurzelte und in Deutschland ansässige Unternehmen WiMP von sich Reden. Als erster Streaming-Dienst weltweit bietet WiMP seit Oktober seine Musik in HiHi-Qualität an. Überraschend kam die Meldung, dass der im neuseeländischen Exil sitzende Gründer der mittlerweile verbotenen Filesharing-Plattform Megaupload, Kim „Dotcom“ Schmitz, in das Streaming-Geschäft einsteigen will. Sein für 2014 angekündigter Dienst Baboom soll sich durch besonders faire Beteiligung der Musiker auszeichnen.

Apple vs: Google: Der Kampf Goliath gegen Goliath

Doch nicht nur Streaming-Spezialisten konnten sich in 2013 verbessern. Auch Unternehmen der IT-Branche bauten ihre digitalen Musikangebote weiter aus – allen voran Apple und Google, zwei der größten Computerkonzerne der Welt.

Schon im April kündigte Google an, seinen Musikservice „ Google Play Music“ in sieben weiteren Ländern verfügbar zu machen. Das Konzept entspricht dabei dem Vorbild von Apples „iTunes Match“. Nutzer können ihre Musik in die Cloud laden und von dort aus auf all ihren Geräten abspielen. Googles Vorteil: Im Gegensatz zu Apples Service wurde „Google Play Music“ von Anfang an kostenlos angeboten.

Nur einen Monat später folgte der nächste Schlag von Google. Mit „ All Access“ stellte der Suchmaschinen-Gigant im Mai sein eigenes Streaming-Aboangebot vor. Allein schon wegen einer grob geschätzten Fantastiliarde Google-Nutzer dürfte diese Meldung für schlackernde Knie in den Chefetagen von Spotify und Co. gesorgt haben. Nachdem der Aboservice bisher nicht in Deutschland verfügbar war, führte Google pünktlich zum Nikolaustag am sechsten Dezember mit „ All-Inclusive“ das Produkt auf dem deutschen Markt ein. Außerdem soll auch das Google-Unternehmen YouTube mit dem „Music Pass“ einen eigenen Premium-Dienst erhalten, wohl aber nicht mehr in diesem Jahr.

Apple hingegen hat sich für ein anderes Konzept entschieden. Statt eines Abodienstes im Stile von Spotify stellte das Unternehmen in Juni auf der Worldwide Developers Conference in Kalifornien mit „ iTunes Radio“ eine Art Pandora-Klon vor. Hier können Songs und Alben nicht in gewohnter Weise direkt angespielt werden. „iTunes Radio“ erstellt aus Suchanfragen Playlists, die dem Geschmack des Hörers entsprechen sollen. Seit dem 18. September ist der Dienst in den USA verfügbar. In Deutschland muss man sich noch bis 2014 gedulden.

Allerdings empfand der Musikexpress schon nach einem ersten Test von „iTunes Radio“ das Angebot von Apple als wenig innovativ. Müssten wir einen Sieger im Kampf Goliath gegen Goliath küren, der Titel für die erfolgreiche Etablierung seiner Streaming-Angebote ginge in 2013 klar an Google.

Twitter #music: Die Enttäuschung des Jahres

Doch nicht nur Apple blieb mit seinen Musikprodukten hinter den Erwartungen zurück. Die wohl größte Enttäuschung des Jahres war der lang erwartete Musikdienst von Twitter. Mit dem Start von „ Twitter #music“ im April 2013 wollten die Entwickler des Kurznachrichtendienstes die Macht des eigenen Netzwerkes nutzen, um in gebündelter Form die Musik zu präsentieren, die Twitter-Nutzer aktuell beschäftigt.

Im Grundsatz eine gute Idee, doch stellte der Musikexpress zum Deutschland-Start im August fest, dass „Twitter #music“ zu wenig ausgereift daher komme. Das empfanden offenbar auch die Nutzer. Trotz eines guten Starts sanken die Nutzerzahl rapide. Im Oktober dann die ernüchternde Meldung: Twitter plane, seinen Musikdienst nach nur rund einem halben Jahr einzustellen.

Trotz des schlechten Vorbildes von Twitter, wollen die Apple-Verantwortlichen mit „iTunes Radio“ mutmaßlich in dieselbe Richtung. Erst vor Kurzem wurde bekannt, dass das Unternehmen mit Topsy eine Social-Media-Analysefirma übernommen hat. Experten spekulieren, dass Apple deren Expertise für den eigenen Radiodienst nutzen wolle – um aktuell heiß diskutierte Künstler zu präsentieren. Möglicherweise hat Apple mit diesem Vorhaben mehr Glück als Twitter.