Die besten US-Rap-Alben der 90er: Der Wu-Tang Clan trotzt dem Trend
Wu-Tang Clan lieferten eines der bahnbrechenden HipHop-Alben der Neunziger.
ENTER THE WU-TANG (36 CHAMBERS) bewegte mit einer Mixtur aus fernöstlichen Shaolin-Referenzen und rohen Rapstyles die Massen. Wir nehmen eines der wichtigsten Alben der 90er in den Fokus.
Wilder Wu-Tang-Style
Die Single „Protect Ya Neck“ setzte 1992 den Startschuss für den HipHop-Mythos aus Staten Island, New York. Ein Jahr später verewigten sich die neun Rapper RZA, GZA, Method Man, Ghostface Killah, Inspectah Deck, U-God, Raekwon, Masta Killa und der 2004 verstorbene Ol‘ Dirty Bastard mit ihrem Debütalbum ENTER THE WU-TANG (36 CHAMBERS) in der Hall of Fame des US-Rap.
Den Fan erwartete auf ENTER THE WU-TANG (36 CHAMBERS) kein glatt gebügeltes Kommerzprodukt. Lieber überzeugte der Wu-Tang Clan anno 1993 mit einem roughen Sound, harten Punchlines und düsterem Humor. Auch wenn sich der Wu-Sound im Laufe der Zeit änderte und teilweise elektronischer und harmonischer gestaltete: In der Retrospektive wirkte er als temporärer Gegenpol zu den sauber produzierten G-Funk- und Westcoast-Hymnen oder poppigen Bad-Body-Produktionen der Neunziger- und Nuller-Jahre.
„Da Mystery Of Chessboxin’“
Mehr ist mehr
Das Release strotzte nur so vom Selbstbewusstsein der neun Wu-Tang-Member, die sich auf den 15 Tracks hervorragend ergänzten. In manchen Songs blieb der unkonventionelle Gesang von Ol’ Dirty Bastard hängen, in anderen die verspielten Reime von Method Man oder die rauen Anekdoten von Raekwon. Auf Songs wie „Wu-Tang: 7th Chamber“, „Can It Be All So Simple / Intermission“ und „Wu-Tang: 7th Chamber – Part II“ wechselten sich bis zu acht Rapper ab. Hierbei überstiegen alle drei Tracks die Spieldauer von sechs Minuten. Schon damals untypisch. Dennoch gelang es dem Clan, durch die Diversität der Rapstyles, die Hörer*innen durchgehend zu fesseln. Statt zu verwässern, steigerte die hohe Anzahl der Protagonisten und Rapparts die Qualität des Produkts.
„Can It Be All So Simple“
Drogen, Gewalt und der Traum vom schnellen Reichtum
Neben den battlelastigen Possetracks stachen besonders die Storytelling-Songs „Tearz“ und „Can’t It All Be So Simple“ und der Solotrack „Method Man“ hervor. Zudem kreierte „C.R.E.A.M.“ mit seinem Piano-Loop und die einprägsame Hook von Method Man einen der magischen Momente auf ENTER THE WU-TANG (36 CHAMBERS). Dazu trugen auch die bildhaften Lyrics von Raekwon bei. Der damals 23-Jährige ließ uns hautnah am Struggle der Unterschicht Amerikas teilhaben:
„I grew up on the crime side, the New York Times side. Stayin‘ alive was no jive. Had secondhands, Mom’s bounced on old man. So then we moved to Shaolin land. A young youth, yo, rockin‘ the gold tooth, ‚Lo goose. Only way I begin the G off was drug loot. And let’s start it like this, son. Rollin‘ with this one and that one, pullin‘ out gats for fun.“
„C.R.E.A.M.“
Erfolg und Soloprojekte
Bis heute zählt ENTER THE WU-TANG (36 CHAMBERS) zu den einflussreichsten Rap-Alben und ebnete den Weg für viele MCs aus New York. Hierbei begeisterte die Mischung aus Lo-Fi-Produktionen, die RZA mit Kung-Fu-Synchronisationen und Soul-Samples bestückte, und den energiegeladenen Raps der Wu-Tang-Member.
Nach seiner Veröffentlichung am 9. November 1993 erreichte das Album Platz 41 in den US-amerikanischen Billboard-Charts. Am 15. Mai 1995 gab es eine Platin-Auszeichnung für den Wu-Tang Clan. Bis heute verkaufte sich ENTER THE WU-TANG (36 CHAMBERS) weltweit mehr als drei Millionen Mal.
ENTER THE WU-TANG (36 CHAMBERS) im Stream
Der Erfolg des Wu-Tang Clans äußerte sich auch darin, dass in den Neunzigern zahlreiche Solo-Projekte der einzelnen Mitglieder folgten. Dazu zählten Alben wie TICAL von Method Man (1994), ONLY BUILT 4 CUBAN LINX… von Raekwon und RETURN TO THE 36 CHAMBERS von Ol’ Dirty Bastard. Darüber hinaus veröffentlichten sie auch als Kollektiv weiter fleißig Projekte. Bis dato erschienen sieben Wu-Tang-Alben – die Crew aus Staten Island ist bis heute aktiv. Nach dem Tod von Ol‘ Dirty Bastard stieß 2007 Cappadonna dazu. Außerdem hält der Wu-Tang Clan den Rekord für die teuerste Platte aller bisherigen Zeiten: Von ihrem Album ONCE UPON A TIME IN SHAOLIN existiert nur ein einziges Exemplar. Es wurde 2015 nach einer Auktion für angeblich rund zwei Millionen Dollar an den Pharma-Unternehmer Martin Shkreli verkauft, der später wegen Finanzkriminalität zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde.
Anspieltipps: „Method Man“, „Bring Da Ruckus“, „Wu-Tang Clan Ain’t Nuthing To F‘ Wit“, „C.R.E.A.M.“, „Protect Ya Neck“, „Tearz“ und „Shame On a Nigga“.



