CD-Platten


Die Schwemme von Oldies auf CD, die in den letzten zwei Monaten in die Läden schwappte, hat nichts mit dem in der Plattenindustrie vielberedeten „Sommerloch“ zu tun, sondern entspringt schlicht kaufmännischem Kalkül. Denn Hits auf schwarzer Scheibe sind nicht auch automatisch Bestseller auf CD – jedenfalls nicht hierzulande, wo der eingeschworene Digitalplatten-Freak (egal ob bei Klassik, Jazz oder Rock) erstens Lieblingsauffnahmen älteren Datums auf verschleißfreiem Tonträger im Regal stehen haben möchte, zweitens offenbar großen Wert auf optimalen Sound legt und drittens gemerkt hat, daß CDs auch noch billiger sind als die meisten „audiophilen“ LP-Pressungen aus Fernost.

Eine der erstaunlichsten Überraschungen sind in dieser Hinsicht The London Howlin‘ Wolf Sessions (Chess 600051/Teldec Import Service) von 1973, bei denen neben den Stones-Mitgliedern Watts, Wymann und lan Stewart (der ewige „sechste Rolling Stone“ am Piano) auch Eric Clapton und Stevie Winwood mit im Studio waren. Gegenüber dem, was die CD klanglich zu bieten hat, klingt die Electrola-Pressung von anno dazumal speziell im Baß und Hochttonbereich so beschämend schlecht, daß man wieder mal die zweifelhaften Praktiken des Bandkopien-Austauschs beklagen darf. Für Liebhaber des großen Blues-Mannes ist diese CD ein Muß.

Anders steht es bei der zweiten CD-Veröffentlichung von Led Zeppelin: Houses Of The Holy (Atlantic 50 014) war schon seinerzeit in einer bei Sterling Sound in New York so gut überspielten LP zu haben, daß die CD keinerlei klangliche Vorteile bieten würde, wenn … ja wenn die reine Preßqualität (unmäßig viel Knistern und Knacker) damals schon auf dem Standard gewesen wäre, wie man ihn heute von deutschen Pressungen erwarten kann! Auch L. A. Woman von den Doors (Elektra 242 090) ist bis auf Nuancen mit der alten LP identisch, insofern Morrison Hotel und The Doors vergleichbbar. Eine wahre Offenbarung aber ist Strange Days (Elektra 042 016), das zweite Album des nach wie vor stilbildenden Quartetts: geradezu dramatisch bessere Klangqualität als bei der LP von 1968. und das, obwohl diese mit US-Werkzeugen gefertigt worden war!!! Kaum zu glauben, aber wahr: Den 17 Jahre alten Rock-Klassiker kann man jetzt erstmals in optimaler Klangqualität hören, weil die Warner Bros.-Tochter offenbar ein hervorragendes Original-Master für die CD-Fertigung ans PolyGram-Werk in Hannover schickte.

Eher zwiespältig fielen die Resultate bei zwei neuen Paul Simon-CDs aus. Still Crazy After All These Years (CDCBS 86 001), auf dem Cover schon vorsichtig als „historic reissue“ bezeichnet, wurde offenbar von einer alles andere als optimalen Kopie überspielt. Das klingt völlig anders als die CBS-eigene Halfspeed-Platte und weist außerdem starkes Band- und Modulations-Rauschen auf, wie man das von Top-Ingenieur und Coproduzent Phil Ramone wirklich nicht erwartet. Ärgerlich auch, daß sämtliche Angaben bezüglich der beteiligten Musiker, Sänger, Arrangeure usw. fehlen. (Unverzeihlich bei der CD von Strange Days im übrigen, daß das fantastische Back-Cover der Platte nicht übernommen wurde!) Die Greatest Hits, ETC.-Kollektion von Paul Simon ist dagegen auf Digitalplatte ein klanglicher Leckerbissen: knapp 52 Minuten Spielzeit, ohne daß man – wie bei de.r LP geschehen – den Tieftonbereich radikal auf die Übertragungsqualität eines Minilautsprechers beschnitten hätte. Statt dünnem „K-Tel-Sound“ bietet die CD originale Klangqualität.

Weitere angenehme Überraschungen präsentieren die CDs von Elton Johns Madman Across The Water (DJM 825 487-2), bei der die alte Ariola-LP schwammigen Baßbereich, leicht verfärbte Mitten und erheblich abfallenden Hochtonbereich bot, sowie der Mitschnitt von Joe Cockers Mad Dogs & Englishman-Tournee (A & M 396 002-2). der nun zumindest geringfügig besser klingt als auf dem amerikanischen Doppelalbum.

Ehrlichkeitshalber muß man einschränkend sagen: Sooo viel war aus den Bändern nicht rauszuholen, als daß man jetzt das Dokument dieser Tournee auf CD brauchte – einer Tournee, bei der Veranstalter und Manager so geschickt mit Zahlen manipulierten, daß dem Star des Unternehmens am Ende ganze 816 Dollar Profit blieben.

Das gilt in noch höherem Maße für Frampton Comes Alive! (A & M 396 505-2), das praktisch Null Unterschied zur schwarzen Scheibe bietet. Der Multi-Platinum-Seller von 1976 löste eine wahre Flut von Live-Doppel-LPs aus – eine schlechter als die nächste. Babyface Frampton wurde zum Teen-Idol und Multimillionär. Nur hielt man es jetzt nicht mal mehr für nötig, das komplette Album auf CD zu transferieren. Beim vorliegenden Kondensat ließ man vier Nummern unter den Schneidetisch fallen und änderte gleich noch gründlich die Song-Abfolge. Der Verschnitt hat jetzt eine Spieldauer von knapp 63 Minuten.

Mit der Veröffentlichung von The River liegt jetzt Bruce Springsteens komplettes Werk auf CD vor (CDCBS 88 510). Mehr über die vorzügliche Paul Millns-CD Finally Falls The Rain (Jeton 122/1) im nächsten Heft