Cro im Interview: „Früher gab es ein Album alle drei Jahre, heutzutage eine Single alle zwei Wochen“


Seit seiner Durchbruchssingle „Easy“ 2011 variierte der Deutschrapper, Produzent und Künstler Cro sowohl sein Maskendesign als auch seinen Rapstil. Nachdem er bei seinem 2021 veröffentlichten Album TRIP anschließend mit den Gerüchten spielte, es würde sich um sein letztes handeln, veröffentlicht er nun dennoch sein fünftes Studioalbum 11:11. Wir trafen den Rapper und sprachen mit ihm über Freiheit, Deutschrap und sein neustes Werk.

Carlo Waibels alias Cros Debütalbum RAOP – das, wie der Name bereits verrät, eine Mischung aus Rap und Pop darstellt – feiert mittlerweile 10-jähriges Jubiläum. In dieser Zeit hat der 32-Jährige seine drei weiteren Studioalben: MELODIE, TRU. und TRIP herausgebracht. Als einer der ersten balancierte der gebürtige Stuttgarter zwischen den beiden Genres hin und her. Wofür Cro anfänglich kritisiert wurde, öffnete später im Deutschrap neue Türen. Nun folgt mit 11:11 seine fünfte Platte. Wir sprachen mit ihm über seine Karriere, Liebe und die Bedeutung hinter seiner Glückszahl.

Musikexpress.de: Bei deinen vergangenen zwei Alben TRU. und TRIP soll es kurz die Überlegung gegeben haben, dass sie deine letzten sein werden. Wie kam es zu 11:11?

Cro: Bei TRU. dachten viele, es könnte mein letztes Album sein. Bei TRIP habe ich ein wenig damit gespielt, dass es dieses Mal mein letztes ist. Aber tatsächlich habe ich da auch kurz überlegt, ob ich wirklich weitermachen oder vielleicht doch etwas anderes machen will. Doch dann dachte ich mir, dass ich mittlerweile so schnell und gut im Musik machen geworden bin. Ich kann ein Album in gefühlten zwei Wochen machen, wenn die Muse passt.

Ist das auch der Grund, weshalb nun mit TRIP und 11:11 zwei Alben in weniger als zwei Jahren erschienen sind?

Cro: Bei 11:11 wollte ich diesmal nicht so viel Zeit verstreichen lassen. Vor TRU. gab es drei/vier Jahre nichts und vor TRIP dasselbe. Da lagen so viele Jahre dazwischen – gerade heutzutage. Außerdem habe ich 500 Songs rumliegen, aber es ist schwer alte Songs zu veröffentlichen. Das ist so, als würde man eine Zeichnung nehmen, die man mit elf Jahren gemacht hat, sie posten und behaupten man habe sie gestern gemacht. Das will man nicht. 

Also ist es eher die Aktualität oder der Druck, weshalb nicht mehrere Jahre vergehen dürfen?

Cro: Eher die Aktualität. Ich finde es gut, Songs schneller zu machen und gleich rauszuhauen. Aber natürlich ist der Rhythmus anders geworden: Früher gab es ein Album alle drei Jahre, heutzutage eine Single alle zwei Wochen. 

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Was steckt hinter dem Albumtitel 11:11?

Cro: Es ist für mich eine Glückszahl, die mich daran erinnert, wo ich herkomme. Immer, wenn es 11:11 Uhr ist, halte ich kurz an, lass alles liegen, erde mich und leg mich auf den Boden oder fasse die Erde an. Gerade weil man das so selten macht. Das macht etwas mit einem. Man rennt doch sowieso immer durch den Alltag oder guckt auf das Handy – zumindest merke ich das bei mir. 

Weshalb hast du dich dazu entschieden, das Album so zu nennen?

Cro: Diese Zahl ist sehr präsent für mich und auch für T-No, der das Album produziert hat. Und es ist ein kleines Ritual von uns, dass wir uns manchmal um 11:11 Uhr Sachen hin und her schicken. Die Zahl ist da und gehört dazu. So wie wenn ich ins Studio komme, Palo Santo nehme und die Geister ausräuchere. Es sind die Kleinigkeiten. Und als ich überlegt habe, wie das Album heißen soll, war es irgendwie ganz klar: 11:11.

Wie kann man sich den Entstehungsprozess von 11:11 vorstellen?

Cro: Dieses Mal war ich in Bali, in einem neuen Studio, das ich gebaut habe. Deswegen war die Motivation auch endhoch. Ein Studio im Dschungel mit Blick durch die Glasscheibe direkt in den Pool. Wir haben die Aufnahmen auch relativ schnell durchgezogen: In ungefähr drei/vier Wochen. Ich hatte noch nie so ein sauberes Vocal-Signal. Man hätte eine Stecknadel auf dem Teppich fallen hören können. Es waren auch ständig irgendwelche Leute da. Also man kann sich Freunde, T-No und mich eingesperrt im Studio mit Palo Santo und Mikrofon vorstellen. (Lacht)

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Im Pressetext stand, dass 11:11 ein Album über Liebe sei und „was sie mit einem macht“. Was würdest du denn sagen, macht sie mit einem?

Cro: Puh, vieles! Ich glaube, sie macht alles mit einem. Wir machen auch das meiste wegen und für die Liebe – und um geliebt zu werden.

Findest du, dass es auch in die Platte mit eingeflossen ist? 

Cro: Ja, ich muss auch ehrlich zugeben, dass fast jedes Lied über Liebe geht (lacht). Aber natürlich fließt es voll mit ein. Die meisten Geschichten sind auch genauso passiert. Ich war in Bali, sie in New York: Als sie mich mit schlechter Verbindung über Facetime anrief. In irgendeinem Uber oder auf irgendeiner Party, weshalb sie auch nur halb da war. Als sie mich dann für eine Minute weglegte, habe ich mich gefragt, was das alles soll, habe aufgelegt und bin weiter aufnehmen gegangen.

In „Facetime Luv“ rappst du: „Du sagst, du würdest mich vermissen, ich mich auch“. Was steckt hinter der Zeile?

Cro: Manchmal hat man Momente, da blickt man zurück und fragt sich, was man verloren und inwiefern man sich verändert hat. Aber man entwickelt sich weiter, auch wenn das viele nicht wollen. Und manche Sachen möchte man dann auch nicht mehr zurück haben. Wenn ich mich zurückerinnere, als ich 14/15 Jahre alt war, zum Beispiel. Da hatte ich so eine „Alles Sch*iß egal“-Einstellung. Auch am Anfang der Karriere haben wir noch in Backstage-Räumen alles demoliert. Mittlerweile möchte ich den Raum schöner hinterlassen, als wir ihn vorgefunden haben. Bis ich 26 Jahre alt war, bin ich auch nie auf Aftershow-Partys gegangen und in den vergangenen Jahren habe ich das geändert und socialize auch mehr in der Szene.

Es hat sich auch die Zeit seitdem generell verändert. Findest du, du wirst heute mehr im Genre Rap akzeptiert?

Cro: Ich will mittlerweile nicht mehr wirklich Teil von Rap sein. Es gab eine Zeit, da wollte ich das schon mehr und habe deswegen auch ein/zwei Alben gemacht, die in die Richtung gehen. Aber inzwischen ist es mir egal. Wenn jemand der Meinung ist, dass ich rappe, dann freut mich das und danke dafür, doch ich versuche nicht mehr da reinzupassen. Das habe ich eine lange Zeit versucht. 

Video: Cro – „Facetime Luv“

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In deinem Track „Freiheit“ rappst du genau darüber: Freiheit.. Was ist denn deine Definition von „Freiheit“?

Cro: Alles machen zu können, was man möchte. Und Gott sei Dank kann ich das auch. Sobald man etwas tut, was man nicht will, ist man nicht mehr frei. 

Video: Cro – „Freiheit“

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Du bist bekannt für Gute-Laune-Musik: Machst du diese auch, wenn du schlechtere Tage hast?

Cro: Superviele Songs nehme ich nur für mich auf, damit ich mir die Sachen einmal von der Seele gesprochen habe. Aber ich veröffentliche sie nicht. Wer weiß, vielleicht entdecke ich darin eines Tages eine Melancholie und veröffentliche sie… aber momentan noch nicht.

HÖRT HIER CROS ALBUM 11:11 IM STREAM:

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