Die 20 besten Wave-Pop-Alben der 80er


Acts wie Drangsal und DIIV beschwören den vernebelten Geist der 80er. Zeit für eine Liste, die dem Wave-Pop-Sound dieser Dekade gewidmet ist.

tears_for_fears_the_hurtingTears For Fears
THE HURTING
1983
Eine fruchtbare künstlerische Partnerschaft wie die von Roland Orzabal und Curt Smith hätte sich so wohl in jeder Ära durchgesetzt. Ihre Band hielt sich auch nur ein Album lang mit Synthie- und Wavepop auf – wenn diese Charakterisierung überhaupt für dieses Debüt genügt. Drums und Klangkulissen behalten diese gewisse Sterilität, aber Gitarren, Klavier, Saxofon und vor allem die Stimmen der beiden Frontleute sorgen für ordentlich Dynamik. Aus seinen anklagenden Lyrics, die aus THE HURTING ein Konzeptalbum über seine entbehrungsreiche Kindheit machen, vermochte Orzabal kraftvolle Pophits wie „Mad World“ und „Change“ zu errichten. Es gibt aber auch expressionistische Balladen wie „Ideas As Opiates“, die zeigen, mit welcher Selbstsicherheit sich diese Debütanten hier schon auf ihren Ausdruck verließen. Oliver Götz
* Der Name Tears For Fears war von Arthur Janov entliehen, dem Erfinder der sogenannten Urschreitherapie. Sie lernten Janov später auch kennen. Und der schlug ihnen allen Ernstes vor, ein Broadwaymusical über diese Therapieform zu schreiben.

10_Talking_HeadsTalking Heads
SPEAKING IN TONGUES
1983
David Byrne und Band lösen sich auf dem fünften Talking-Heads-Album von den für sie so bestimmenden Idiosynkrasien; in diese neun Songs schlich sich auch rein, was gerade angesagt war: Gospelgesänge, die flatulierenden Synthies der Zeit, infektiöse Refrains, das Geboller von Rummelplatzhits. Alles vereint im Leadsong, „Burning Down The House“, der zum Studentenparty-Inventar der kommenden Jahre werden sollte. Abgesehen vom Titel, der das Spiel mit der Bedeutung(slosigkeit) von Lyrics thematisierte, entschied sich die Band auf SPEAKING IN TONGUES für klare Strukturen und Texturen, zwischen Pop-Simplizität und Funk-Raffinesse tänzelnd. Songs wie „Girlfriend Is Better“ hätten, kühler arrangiert, auch einen hervorragenden Job auf FEAR OF MUSIC gemacht. Sie züngeln noch mit der bizarren Sexiness der New Wave, öffnen sich aber auch schon dem Mainstream. Frank Sawatzki
* Pop-Art-Künstler Robert Rauschenberg gestaltete eine auf 50 000 Exemplare limitierte Auflage des Albums in einer Verpackung mit beweglichen Plastikelementen.

11_The_TheThe The
SOUL MINING
1983
Der Schlüssel zu diesem Album liegt nicht in der Musik, nicht in den Texten und nicht in der warmen Stimme von Matt Johnson. Er liegt in seiner missverständlichen Bezeichnung als „Proto-Industrial“. Gewiss hat es hier die harten und leicht blödsinnigen Beats aus der primitiven Rhythmusmaschine, aber eben auch Bläsersätze, Xylofon, Piano und Gitarren. Es hat viel Luft und einen speziellen Swing, den nur wenige Produktionen jener Zeit aufweisen. Vor allem aber hat es mit Johnson ein großes Ego, das die Produktion an sich gezogen hat und geschmeidigstes Songwriting nur so aus dem Ärmel schüttelt. Lieder über das Leiden an Einsamkeit und Depressionen, später kommen noch Drogen dazu. So wundervoll, dass es eigentlich gar keinen Schlüssel für dieses Album braucht. Arno Frank
* Matt Johnson war damals so sehr auf Amphetaminen, dass das Album zweimal aufgenommen werden musste.

12_EurythmicsEurythmics
TOUCH
1983
Anders als andere Duos, in denen sich Charakterstimmen an kühlen Synthiesounds rieben, waren Annie Lennox und Dave Stewart von einer besonderen Experimentierlust und dem Drang zum großen Popentwurf getrieben. Ihr drittes Album, TOUCH, war deshalb auch schon ihr letztes, das sich als Wavepop labeln lässt. Der R’n’B-Train Richtung Stadion wartete schon! Doch TOUCH sollte ihr bestes Album bleiben und eine der aufregendsten 80er-Platten überhaupt. Denn hier gibt es so viel mehr als heiß und kalt. Funk, Dub und 80s-Disco hinterlassen Spuren. Und bei „Right By Your Side“ sogar der Calypso, und das klingt trotz Plastik-Steeldrums kein bisschen albern. Mit ein paar Gitarrenlicks obendrauf, sparsam dosierten Bläsern und dem Einsatz eines kompletten Orchesters im richtigen Moment („Here Comes The Rain Again“!) waren plötzlich die verschiedensten Temperaturen und Aggregatszustände möglich zwischen all den Maschinen. Und auch wenn nicht alle Songs das Kaliber des Torchsongs „Who’s That Girl?“ haben, packt einen doch zuverlässig Annie Lennox’ forderndes, sinnliches Alt, die beste „weiße Soulstimme“ der Popgeschichte. Oliver Götz
* Mit dieser Aufnahme etablierte sich The Church in London als Studio­adresse. Radiohead, Bob Dylan, Elvis Costello u. a. nahmen hier auf. Heute gehört sie Paul Epworth (Adele, U2, Bloc Party).