Die Elektronik-Elite


Im Zentrum von Paris liegen die Headquarters des bedeutenden Elektronik-Labels F Communications.

Anspruchsvoll was heißt das eigentlich?, fragt Christophe Lebreton von F Communications in recht flüssigem Deutsch. „Das schreiben deutsche Journalisten immer über unsere Künstler: Anspruchsvoll kauft aber keiner. „Das amüsiert den „Minister of International“, der sich mit uns bei einem Sushi-Lunch in der Nähe der geräumigen F Com-Büros mitten im Zentrum von Paris über das einflussreiche Label unterhält. Mit der Philosophie „Electronic with no limit“ ist F Com nicht nur künstlerisch zu einem der angesehensten Label Europas geworden – F Com ist auch finanziell durchaus erfolgreich. Zwar war Mr. Oizos Fiat Eric-Single „Fiat Beat“ mit dreieinhalb Millionen verkauften Kopien ein einmaliger Überraschungserfolg, der noch heute alle F Com-Mitarbeiter schmunzeln lässt, doch verkaufte sich beispielsweise auch das kluge, aber entschieden hitfreie Debüt von Llorca in zahlreichen Ländern – darunter auch in Deutschland ganz hervorragend. Mit, nun, „anspruchsvoller“ Elektronik solche Erfolge zu erzielen ist alles andere als selbstverständlich. International wird F Com von der starken Plattenfirma PIAS vertreten, deren Mitarbeiter sich voll mit dem französischen Label und seinen Künstlern identifizieren. Das wirkliche Erfolgsgeheimnis ist aber wohl das brillante Duo der beiden Labelgründer, das sich die Verantwortung an der Spitze von F Com teilt. Die geschäftliche Seite regelt mit Eric „Captain“ Morand ein Mann, der bereits als Chef des FNAC-Dance-Labels Anfang der 90er Jahre französischen Techno förderte. Künstlerische Fragen entscheidet er bei F Com ausschließlich mit seinem Partner, dem weltweit angesehenen Musiker und Produzenten Laurent Garnier. „Eric entwirft die Strategie“, erklärt Lebreton, „Laurent repräsentiert das Label nach draußen. Als Künstler kann ersieh eher erlauben, auch mal zu schimpfen. Zum Beispiel über die Radiolandschaft. Er hat inzwischen sein eigenes Internet-Radio gegründet.“ Seit den ersten großen Erfolgen mit St. Germain und Laurent Garniers Hit „Wake Up“ im Gründungsjahr 1994 hat sich F Com zu einem der bedeutendsten Electronica-Label entwickelt, das heute mit Entdeckungen wie Avril und Jori Hulkkonen entscheidend mitbestimmt, in welche Richtung das Genre tendiert. „Wir haben angefan gen, uns um Live-Aktivitäten unserer Künstler zu kümmern. Das fehlt vielen Elektronik-Labels“, so Lebreton. Was zahlreichen Konkurrenten außerdem abgeht, ist F Coms Präsenz in musikunabhängigen Bereichen. So steht derzeit im Pariser Museum für moderne Kunst „Palais de Tokyo“ ein großes „F“, das an allen Seiten mit Multimedia-Gimmicks, Kopfhörern, Bildschirmen und Knöpfen bestückt ist. Und in Nizza wird das „I Hotel“ gebaut, ein Design-Palast, für den F Com „exklusiver musikalischer Berater“ sein wird. All das ist Bestandteil der F Com-Philosophie, wenn auch keiner so genau weiß, wofür das F eigentlich steht. „Fwie Familie“, schlägt Lebreton vor. „Oder wie Frankreich. Aber auch wie Fuck, wenn uns jemand kritisiert, ohne Argumente zu haben.“