Faith No More –


Fünf Freunde wollen nicht aufgeben

Sie galten als Wandererzwischen den Welten, als Wegbereiter des grenzübergreifenden Crossover-Klanges. Doch dann drohte der Abstieg. Nun machen sich Faith No More mit einer neuen Platte Mut. Ihr Titel: „Album OfThe Year“

y Mike Patton und Billy Goutd machen -il gute Miene zum riskanten Spiel. Der sonnige Vormittag im Londoner Gore Hotel ist nicht ganz unwichtig für die Zukunft des Quintetts aus San Francisco. Wird die Presse das neue Album von Faith No More akzeptieren? Und noch wichtiger: Hat es Hitpotential? Patton und Gould sind sichtlich angespannt zwei Dekaden Bandgeschichte stehen auf deh Messers Schneide.

Vor ein paar jähren wäre dieses Szenario, das eher an eine Abiturprüfung als an eine relaxte Gesprächsrunde erinnert, geradezu undenkbar gewesen. Schließlich zählen Faith No More zu den Erfindern eines Sounds, der das Musikgeschehen der 90er Jahre dominierte wie sonst nur Grunge und Techno — des Crossover-Klangs eben. Doch das ist längst Schnee von gestern. „Wir sind nicht soweit gekommen, weil wir ein musikalisches Genre verkörpern, sondern weil wir Musik machen, die in keine Schublade paßt“, ereifert sich Billy Gould. „Ich meine, unsere Musik hat tatsachlich etwas bewirkt, auch wenn das ganze Crossover-Genre jetzt stirbt.“

Wh reden hier nicht von einer Krise, sondern vom Übergang in eine neue Zeit und von der Notwendigkeit, sich den bestehenden Verhältnissen anzupassen. Abei genau diesen Zug haben Patton, Gould, Hudson, Bottum und Bordin verpaßt. So standen die fünf zwischenzeitlich auch vor der Auflösung. Ihr letztes Album „King For A Day, Fool For A Lifetime“ erwies sich als kapitaler Flop, der gerade in Amerika wie Blei in den Regalen lag. Das wollen Patton und Gould auch gar nicht wegdiskutieren. Ein wenig Itost aus .den eigenen Reihen _ aber möchte schon sein. Billy Gould: „Denk doch nur an Black Sabbath. Als die wirklich cool waren, hat sie im Grunde niemand gemocht. Mehr noch: Sie wurden Trotzdem: Die Verkäufe d@§HHMHH Albums von Faith No More waWff^fftlW‘ deshalb so enttäuschend, weil sich unter den 14 sperrigen Songs nicht ein einziger Hit vom Kaliber „Epic“ oder „Midlife Crisis“ (geschweige denn „Easy“) befand. Und dem launischen Massenpublikum, das Faith No More im Frühjahr 1993 mit ihrem grandiosen Commodores-Cover erreicht hatten, war „King For A Day…“ einfach zu düster. Die schallende Ohrfeige folgte postwendend: Konzerttermine wurden abgesagt, weitere Single-Auskopplungen gestrichen.

Was Probleme angeht, äußern sich Gould und Patton vorzugsweise ausweichend. „Wir hatten ganz einfach genug! Du veröffentlichst ein Album und gehst auf Tournee. Deren Dauer hängt von vielen Faktoren ab – die Tour kann sich über sechs Monate, aber eben auch über zwei Jahre erstrecken. Wenn du irgendwann den Höhepunkt erreicht hast, dann fühlst du das auch. Du bist müde und angepißt. Vielleicht kommeÜÜHJiffiHH der der Band nicht miteinander aus. ^JR Was Faith’No More bet*rirtt,qg^ man sich in Nebenprojekte. MikeMlIN reformierte die avantgardistischen Mr. Bungle und veröffentlichte ein skurriles Solo-Album auf John Zorns Tzadik-Label. Mike Bordin tourte mit Ozzy Osbourrfg Roddy Bottum wagte sich mit ImpejpJ Teen an unspektakulären College-RoÖ^ ^ÜB^ßassist Billy Gould jammte mit dii£ iüRlSfäio-Metallern von Brujeria. „Es ‚w? Peinfach etwas, was ich in meiner Freizeit ; tue“, erklärt Patton seine privaten Ambitionen. „Ich fahre nicht in Urlaub, sondern schreibe Musik. Vielleicht arbeite ich zuviel. Aber es ist mein einziger Antrieb. Insofern habe ich nicht das Gefühl, von Faith No More frustriert zu sein.“

Kein Wunder, denn die Alleingänge der einzelnen Bandmitgliederscheinen nicht immer rundum befriedigend gewesen zu sein. Sonst hätten die Musiker das lädierte Bandprojekt Faith No More wohl kaum reanimiert. Doch dieser Wiederbelebungsversuch ist erfreulich erffUätäjß verlaufen. Patton und Gould haMMM Fehler der Vergangenheit nichfnJK§&l kannt, sondern auch weitestgehewMgg gemerzt. „Album Of The Year“f ^^BS Epos, das sowohl kommerziellen Anforderungen gerecht wird als auch den eigenwilligen Ambitionen seiner Schöpfer. Trotzdem gibt man sich bescheiden. „Ich würde nicht behaupten, daß sich auf diesem Album etwas Unerwartetes findet“, meint Gould. Und auch Mike Patton warnt vor überzogenen Erwartungen: „Was zum Teufel erwartest du von uns? Eine Rockoper? Wir sind Faith No More, und das hier ist nur eine weitere Platte.“

Angereichert um Samples und Sequenzer, erinnert das Material bisweilen an Type 0 Negative. Und wer weiß, vielleicht bewahrheitet sich der Plattentitel ja sogar, und die Neue von Faith wird für die Fans tatsächlich zum „Album ^^ OfJheYear“