Kleiner Vampir, Leichen-Make-Up, warmer Eiter – 15 Tipps für ein besseres Halloween
Wenn dir das ganze Jahr bloß Horrorclowns serviert, mach‘ doch zumindest ein schönes Halloween draus. So die Devise von unserem Kolumnisten-Dämon Linus Volkmann.
Jumpscare! Drei tolle Musikvideos zum Fürchten
Peaches – „Kick It feat. Iggy Pop“
Dass Zombies eine beeindruckende Kulisse darstellen, fällt regelmäßig auf, wenn man mal wieder versehentlich samstags durch die Fußgängerzone swaggert. Auch die kanadische Elektrorock-Artist Peaches macht sich den beweglichen Stupor der Untoten zu nutze. Der Clip zu „Kick It“ besitzt sogar etwas von der ikonischen Aufwachszene im Krankenhaus aus „28 Days Later“. Und gerade auch Iggy Pop beweist hier, dass er trotz fortgeschrittenen Alters längst noch nicht Gefahr läuft, mit einem Zombie verwechselt zu werden.
MGMT – „Kids“
Aus persönlichen Gründen hatte ich jüngst mit diesem größten Hit des nöligen Indietronic-Duos MGMT zu tun. Mir fiel dabei auf, dass ich zwar den Song geliebt habe – wie könnte man auch nicht? – aber das Video dazu nie gesehen hatte. Warum ich mir da so sicher sein kann? Nun, wenn man dieses Monster von einem Clip einmal schaut, vergisst man ihn garantiert nie wieder. Besonders in Kombination mit dem treibenden bittersüßen Ohrwurm stellt er eine ziemliche Ansage der bis heute noch sehr visuell arbeitenden Band dar. Bitte nur im Hellen klicken!
Die Ärzte – „Junge“
Nach „Rock’n’Roll Übermensch“ ist das mein liebstes Video von Die Ärzte. Die untote Reihenhaus-Tristesse erinnert zudem an einen der wenigen guten deutschsprachigen Zombiefilme – und zwar an „Rammbock“ aus dem Jahr 2010.
Besonders unterhaltsam: Die Ärzte sind ja schon seit Dekaden eine Band für die ganze Familie und dementsprechend zensiert sich der Clip augenzwinkernd selbst, indem riesige Cutouts der drei die Splatterszenen verdecken. Man sieht teilweise recht lange kaum etwas. Das wiederum hat was von der legendären zensierten Slime-Platte aus den Achtzigern, auf der Piepstöne über die anstößigen Textzeilen gepackt wurden. Auch schon wieder Kult. Genau wie dieser Song und dieses Video hier.
Gruselfilme – was soll man sonst auch machen?
Was richtig gruselig ist an Halloween? Wie jeder verhexte Streaminganbieter einen noch in sein Scheißhaus-Abo zu locken versucht, indem einfach eine Reihe von populären Horrorfilme in die Auslage gestellt werden. Blutsauger! Das Jamba-Spar-Abo war nicht so gierig wie ihr heute! Aber Moment mal, ganz tief in der Gruft findet sich doch der vertrottelte Streaminganbieter, den man sich ohnehin nicht aussuchen kann: Das öffentlich-rechtliche Fernsehen! In deren Mediathek finden sich aktuell unter anderem diese sehr schönen Horrorfilme …
„It Follows“ (2014)
Eine sehr beängstigende Geschichte – von einem Grauen, das einen nicht mehr loslässt. Egal, wohin die Protagonist:innen fliehen, sie werden immer wieder eingeholt. „It Follows“ funktioniert als mäandernder Gruselfilm perfekt und bietet zudem Interpretationsmöglichkeiten, wofür dieses „It“ denn eigentlich stehen könnte? Metapher für ein Kindheitstrauma oder gar Depressionen? Der Film lässt das offen, Angst macht er aber auf jeden Fall.
Hier „It Follows“ anschauen.
„5 Zimmer Küche Sarg“
Diese Mockumentary begründete den Ruhm des heutigen A-List-Regisseurs Taika Waititi („Thor – Love And Thunder“). Der Neuseeländer drehte in seiner Heimat die Story von einer neurotischen Vampir-WG. Der Film exerziert mit wunderbar beiläufigem Humor Dinge des alltäglichen Zusammenlebens (wie Putzpläne oder Gemeinschaftseinkäufe) vor dem Vampir-Thema durch. Eine Art „Stromberg“ in der Gruft. Der Film und seine Idee strahlten so hell, dass sie eine nicht minder unterhaltsame Serie nach sich zogen. Auf sechs Staffeln findet sich „What We Do In The Shadows“ (mit anderen Darsteller:innen und Schauplätzen (New York)) beim Anbieter Disney+. Den Film, auf den das alles zurückgeht, kann man aktuell in der ZDF-Mediathek sehen.
Hier „5 Zimmer Küche Sarg“ anschauen.
Noch ein wenig Retro-Gänsehaut on top? Wie wäre es mit allen 13 Folgen der TV-Serie zu Angela Sommer-Bodenburgs Prä-„Twilight“-Story. Biss zum Abendrot, nur eben auf Deutsch…
„Der kleine Vampir“
Ihr wisst schon: Rüdiger von Schlotterstein, Lumpi, Anton und natürlich Geiermeier gespielt von Gert Fröbe in einer seiner letzten Rollen. Wer sich für betulichen Vampirspuk, Coming Of Age und die Achtziger begeistern kann, ist mit diesem Link hier gut bedient. Dahinter verbergen sich nämlich alle Episoden auf insgesamt über fünf Stunden. Aber bitte leise draufklicken … Ich vermute, hierbei handelt es sich nämlich nicht um einen offiziellen Upload. Aber das soll nicht unser Problem sein.
Gespenster-Geschichten
Das darf auch nicht fehlen an einem verregneten Abend, wenn sich Dunkelheit im Zimmer breit macht. Schön die funzelige Energiesparlampe oder gleich ein paar Kerzen angemacht und in alten Gespenster-Heftchen oder ähnlichem geblättert. Parole: Mit euch zieh‘ ich ins Geisterhaus.

„Treehouse Of Horror“
Was wäre Halloween ohne „Treehouse Of Horror“? „Die Simpsons“ haben über die letzten Staffel abenteuerlich abgebaut, ich muss gestehen, dass ich mich zuletzt sogar bei Halloween-Folgen gelangweilt habe. Dennoch gehören die Klassiker zur herbstlichen Gruselfolklore wie Weihwasserschlachten in der Kirche. Oder keine Ahnung, was dort so geschieht, ich bin nicht getauft und meine Haut beginnt zu rauchen, wenn ich ein Gotteshaus betrete – beschwert euch bei meinen Eltern. Hier jedenfalls drei Treehouse-Episoden mit Spielfilmbezügen, die man mal wieder schauen sollte …
„Citizen Kang“ (Staffel 8)
Der damalige Präsident Bill Clinton und sein republikanischer Herausforder Bob Dole werden von den beiden sabbernden Simpsons-Aliens entführt. Erst kurz vor der Präsidentschaftswahl sehen sich Kang und Kodos enttarnt. Gewählt wird dennoch einer von ihnen – wegen des amerikanischen Zweiparteiensystems kann man nicht mehr umschwenken, auch schon wieder lustig. Kang versklavt die Menschheit, die Folge schließt mit Homers Kommentar, ihn träfe keine Schuld, er habe schließlich für Kodos gestimmt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Präsidentschaft wäre das vielleicht sogar noch die bessere Wahl …
„Die Insel des Doktor Hibbert“ (Staffel 14)
Als Kind hatte ich große Angst vor dem drögen 70er-Horror der Verfilmung von H.G. Wells „Die Insel des Doktor Moreau“ – mit Burt Lancaster. Menschen werden auf diesem unheiligen Eiland durch fürchterliche Experimente zu Tierwesen. Dieser Bodyhorror existiert auch in einer „Simpsons“-Version, hier ist der verrückte Wissenschaftler der sonst so freundliche Arzt Doktor Hibbert.
„Fly vs. Fly“ (Staffel 9)
Warum sollte es Bart besser ergehen als Jeff Goldblum in dem Film „Die Fliege“? Ein schief gegangener Teleportationsvorgang morpht Bart allerdings nicht in einen Insektenmensch, sondern gleich in zwei Versionen: Eine winzige Fliege mit seinem Kopf und in eine Bart-Inkarnation, auf dessen Schultern sich Schädel und Hirn der Fliege befinden. Das sorgt für Spannung aber auch für erbauliche Missverständnisse im Haus der schrecklich gelben Familie. Ey, wie rede ich bitte?!
Die Beliebtheit der „Simpsons“-Halloween-Folgen hat aber auch andere Serien motiviert, jahreszeitlich bedingte Gruselepisoden in ihre Staffeln aufzunehmen. Besonders viel Mühe gab sich zum Beispiel die leider auch mittlerweile abgedrehte Sitcom „Modern Family“:
Muss man sich nicht eigentlich nicht auch verkleiden? #Corpsepaint

Halloween ist längst zu einem Mitmachtheater geworden. Hier noch ein paar Gummi-„Augen“ von Trolli in die Storys bei Instagram einfließen lassen und sollte man sich nicht doch besser mal verkleiden, wenn es auf den 31. Oktober zugeht?
Letzteres habe ich schon mal ausprobiert, damit ihr es nicht machen müsst. Parole: Corpsepaint. Also dieser Leichenlook, den die goldigen Satansbraten mit Black-Metal-Geschmacksrichtung so populär gemacht haben. Eigentlich ganz einfach zu realisieren. Man benötigt bloß weiße und schwarze Theaterschminke. In Weiß grundiert man, umrandet dann in Schwarz Augen und Mund und improvisiert dann noch ein wenig und fertig. Fun Fact zu diesen Bildern hier: Meine Clique hatte mir folgende Idee abgenickt: Man müsse mal zu einem Konzert der Band Powerwolf gehen und das auf jeden Fall in Corpsepaint. Das machen in der Community der Band alle so und auch wenn einem der Hinweg ziemlich peinlich vorkommen würde, vor Ort freut man sich und lacht gemeinsam mit all den anderen lebenden Leichen. Ich weiß heute nicht mehr, woher diese Information stammte, aber das ist auch egal, denn sie war komplett falsch. Alle erschienen in Alltagsklamotten – außer uns. Wir wurden daher nicht nur in der Bahn, sondern genauso auch auf dem Konzert misstrauisch beäugt. Hinsichtlich Kleiderordnung wurde ich in der Clique seitdem nie mehr zu Rate gezogen.

Einen dieser Halloweenkürbisse schnitzen
Dazu benötigt man:
1 scharfes Messer / 1 festschaligen Hokaido-Kürbis / 1 Eisportionierer für das Fruchtfleisch / Ein Windlicht / Einen wasserfesten Stift
Was man besitzt:
1 unscharfes Streichmesser / 1 Random-Kürbis vom Discountmarkt / einen Kuli
Lifehack:
Einfach die Vision von einem eigenen Kürbis mit ausgeschnittener Horrorfratze fahren lassen – und aus dem Ding eine Suppe oder Ähnliches machen.
Jumpscare revisited: Songs zum Gruseln
Okay, heutzutage muss ich mit meinen Kolumnen nicht nur die ergrauten Gespenster in Form anderer Popjournalist:innen abhängen, sondern auch noch darauf achten, dass mir nicht auch noch die riegelblöde KI das Wasser abgräbt. Daher ergänze ich hier einen Punkt, der nicht auf Horrordarstellung abzielt, sondern sich metaphorisch fragt: Bei welchen Songs muss man sich gruseln? Für jede:n sind das natürlich andere, aber irgendwie eine schöne Frage, auf die die Künstliche Intelligenz nicht kommen würde. Ich entscheide mich für dieses Monster-Trio.
Red Hot Chili Peppers – „Give It Away Now“
Dieser Funk-Imperativ ihrer Frühphase hat mich in den Neunzigerjahren schon wahnsinnig gemacht. Dieses Stakato, dieses Slap-Bass-Gehubere – dagegen erschienen mir alte, schrille Pumuckl-Kassetten mit Hans Clarin noch als beruhigender Chillout-Soundtrack. Wenigstens trug die Band aus L.A. Tennissocken über ihren Gliedern, dafür schienen sie aber kaum Oberhemden zu besitzen. Als ich meine launige Sicht auf die sakrosanten Testo-Boys einst schon mal für den Musikexpress aufschrieb, formierte sich eine RHCP-Fan-Horde ähnlich den Beißern bei „The Walking Dead“. Doch statt dass sie mein Gehirn aus gespaltenen Kopf löffelten, „voteten“ sie 2019 ein damals aktuelles YouTube-Video zu einer Veranstaltung von mir „down“. Aus Rache für meinen Ekel vor BLOOD SUGAR SEX MAGIC von den Peppers. Gruselig? Auf jeden Fall! Mal sehen, was den Anhängern diesmal einfällt. Das geweihte Kreuz und die Dämonenpeitsche liegen zur Sicherheit auf meinem Nachttisch, denn ich schreibe es noch mal: Grauenhafte Samenmucke, die sich mutwillig nicht an den Viervierteltakt hält.
Revolverheld – „Liebe auf Distanz“
Im Bordbistro ist die Currywurst mal wieder ausverkauft? WLAN funktioniert nicht? Keinen guten Witz parat zum Thema „Zugteilung in Hamm“? Aus diesen First-World-Problems hat die Problemband Revolverheld einen Song zusammengepopelt. Es geht um gescheiterte Fernbeziehungen. Nur was für wirkliche Splatterfans.
Nickelback – „How You Remind Me“
Dieses bärtige Unglück von einem Rocksong kennen sicher die meisten vom Weghören. Der komplette Horror entfaltete sich für mich aber erst vor Kurzem. Für den Schnitt einer Schmähkritik auf Instagram musste ich dieses in warmen Eiter gegossene Stück Musik sehr oft hören. Das hatte offenbar den Effekt einer Desensibilisierungstherapie. Jetzt singe ich es ständig vor mich hin … „This is how you remind me!“ Mit diesem Tick kann ich mich doch an keinem Popjourno-Stammtisch mehr sehen lassen. Nickelback hat mein Leben ruiniert! Schönes Halloween trotzdem.
Was bisher geschah? Hier alle Popkolumnentexte im Überblick.



