Kritik

„How To Sell Drugs Online (Fast)“ auf Netflix: „Breaking Bad“ für die Generation Emoji-ROFL


Quietschbuntes Rip-Off-Potpourri: Die neue deutsche Netflix-Serie „How To Sell Drugs Online (Fast)“ mit Bjarne Mädel und diversen Kleinstadt-Teenagern ist leider nicht mehr als die Summe ihrer einzelnen Teile. Zum Glück aber auch nicht weniger.

Ganz schön meta, dieser Anfang. Selbstbewusst sitzt da ein 17-jähriger Lockenkopf und spricht in die Kamera: „Wenn man im Internet im großen Stile Drogen verkauft, sollte man eine Sache auf gar keinen Fall machen: wildfremden Leuten davon erzählen.“ Nachdem der Regisseur „Cut“ ruft, schiebt der Junge, der wie eine Mischung aus Jesse Eisen- und Mark Zuckerberg aussieht und auch als junggebliebener 37-Jähriger durchgehen könnte, grinsend nach: „Also außer natürlich Netflix ruft an und sagt, sie wollen eine Serie über dein Leben machen!“ LOL. Die zweite Ebene, die die neue deutsche Netflix-Serie „How To Sell Drugs Online (Fast)“ in ihren ersten drei Minuten öffnet und sich damit als Mockumentary aufstellt, die sie gar nicht ist, wird in den sechs folgenden, jeweils halbstündigen Folgen aber kaum weiter verfolgt. Was nicht so schlimm ist.

Der erste Teaser zur zweiten Staffel „Dark“ ist da

In der nach „Dark“ und „Dogs Of Berlin“ dritten deutschen Netflix-Produktion „How To Sell Drugs Online (Fast)“, die seit dem 31. Mai 2019 im Stream verfügbar ist, geht es um die Geschichte des Teenagers Moritz, die übrigens lose auf der wahren Geschichte des 20-jährigen Leipzigers „Shiny Flakes“ basiert, dessen Imperium 2015 aufflog: Moritz (Maximilian Mundt) und sein Kumpel Lenny (Danilo Kamperidis) sind Nerds, die besser mit Computern als mit echten Menschen können. Als Moritz‘ Freundin Lisa (Lena Klenke) nach einem Au-Pair-Jahr aus den USA zurückkehrt, will sie nicht mehr seine Freundin sein, aber vielleicht die vom Schuldealer und Sonnyboy Dan (Damian Hardung). Um ihn auszustechen, um Lisa zu beeindrucken und um endlich mal eine Geschäftsidee umzusetzen, die Erfolg verspricht, steigt Moritz kurzerhand selbst in den Ecstasy-Handel ein. Online und anonym, versteht sich.

Neben der grundsätzlichen Story stimmen auch die Zutaten von „How To Sell Drugs Online (Fast)“: unverbrauchte junge Schauspieler, die nur leider nicht in jeder Sekunde überzeugen. Bjarne Mädel als Stargast und Credibility-Schub. Überraschungsauftritte von Olli Schulz mit Manbun, Ulrike Folkerts als Lennys Mutter, Böhmermann-Sidekick Florentin Will als Polizist, Hinnerk Schönemann als Dans Vater und Mysteryshow-Moderator Jonathan Frakes als er selbst. Arne Feldhusen („Stromberg“, „Tatortreiniger“) im Wechsel mit Lars Montag auf dem Regiestuhl. Idee von Produzent Philipp Käßbohrer („Neo Magazin Royale“, Musikvideos für Get Well Soon, Maeckes und Sizarr). Die Musik kommt dann auch von Get Well Soons Konstantin Gopper. Diese Liste legt einen Sure Shot nahe. Leider ist „How To Sell Drugs Online (Fast)“ nicht mehr als die Summe seiner einzelnen Teile geworden.

Warum die Netflix-Serie „American Vandal“ ein offensichtliches Vorbild für „How To Sell Drugs Online (Fast)“ ist

„How To Sell Drugs Online (Fast)“ soll „Coming of Age“ sein, ist aber nur Comedy, wenngleich sehr kurzweilige. Die Social-Media- und Digitalgesellschaftskritik („Wir stellen unser Leben online anders dar“, „Wir gucken mehr auf unser Smartphone als auf unsere Mitmenschen“, „Wir sind alle ‚Like‘-süchtig“) ist dünn und nicht neu – mit der urkomischen Fäkalhumor-Mockumentary „American Vandal“ hat Netflix davon 2018 bereits eine komplette Staffel lang erzählt (und sich ebenfalls selbst mit in die Story eingebracht). Ständig fliegen auch hier Emojis und Chatverläufe über den Bildschirm. Der wichtigste und/weil strittigste Satz fällt irgendwann in der dritten oder vierten Folge: „Nichts was wir machen hat Konsequenzen“, sagt Lisas Freundin Fritzi (Leonie Wesselow) über ihr sattes und durchschnittliches Kleinstadtleben. Und macht dann weiter mit dem, was man als Jugendlicher in einer Wohlstandsgesellschaft so macht. Feiern, Drogen ausprobieren, von einem Jahr im Ausland träumen – um danach zurückzukommen und alles so vorzufinden, wie es schon immer war und immer sein wird.

„What/If“ auf Netflix: Ein unmoralisches Angebot

Die Referenzen von „How To Sell Drugs Online (Fast)“ liegen auf der Hand: „Breaking Bad“. Dessen deutsches Quasi-Ripoff „Morgen hör ich auf“. „American Vandal“, immer wieder. Und „Der Tatortreiniger“: Bjarne Mädel spielt hier als Drogendealer Buba eine Art böse Version von Schotty. Seine Sprüche sind dumm und bauernschlau zugleich und gehören zu den besten der Serie. Und seine Taten in drei blutigen Szenen einer sonst harmlosen Serie zu dem Grund, warum „How To Sell Drugs Online (Fast)“ ab 16 ist und nicht ab 12, was der eigentlichen Zielgruppe näher käme. Also doch „Coming of Age“, an dessen bei guten Quoten wohl nur vorläufigem Ende Moritz doch nochmal in die Kamera sprechen und eine eventuelle zweite Staffel anteasern darf.

„How To Sell Drugs Online (Fast)“, Staffel 1 seit 31. Mai 2019 auf Netflix verfügbar

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