Janelle Monáe


Das ausgefeilte Konzept ihres Debütalbums erlebt eine überraschend unausgegorene Präsentation im Londoner „Koko“.

Macht ein Foto von euch selbst, damit ihr euch für immer an diesen Moment erinnert.“ Janelle Monáes MC will offensichtlich die Erwartungen, die das Publikum an diesen Abend stellt, so niedrig wie möglich halten. Diesem Zweck dienen wohl auch die Old-School-Film-Credits, die kurz zuvor auf den Bühnenhintergrund projiziert wurden, oder das „I-say-Janelle-you-say-Monáe“-Spielchen, das quälende vier Minuten dauert. Aber ernsthaft: Der Hype um das 24-jährige Business-/Musikwunder ist derart am Brodeln, dass es vergebens wäre, vorsichtig anzumerken, dass Monáe vielleicht noch ein paar Konzerte fehlen, um zu lernen, wie man ihr Sci-Fi-Pop-Opus THE ARCHANDROID live am besten darbietet. Diese Bedenken, das kann man vorneweg sagen, werden heute Abend nicht ausgeräumt. Aber ihr bei diesem Lehrgang zuzusehen (auch das vorneweg) ist immer interessant, oft erfreulich, und manchmal etwas frustrierend. Nach den ersten vier in der Reihenfolge des Album-Tracklists gespielten Songs wird deutlich, dass Monáe und Band zwar gut aussehen – sie in gewohnt messerscharfem schwarz-weißen Hosenanzug und passenden Lackschuhen, die anderen ganz in Weiß mit schwarzen Fliegen (der Keyboarder sieht mit seiner Hipsterbrille aus wie ein kellnernder Steve Urkel) – aber eher bescheiden spielen. Nun klingen im „Koko“ auch Bands, die alle Instrumente selbst bedienen, meistens so klar wie Erbsensuppe, und weil Monáe sich auf Backingtracks verlässt, ist der akustische Gesamteindruck schwammig. „Dance Or Die“ enthält perfekt exekutierte Raps, aber zu viele Konserven-Effekte. Das Gitarrenspiel irrt zwischen John Frusciante und Prince hin und her, trägt aber durch undifferenziertes Gehacke zu einer hyper-affektierten Version von Chaplins Klassiker „Smile“ bei. Monáe derweil hat sich einiges bei James Brown abgeschaut – das Cape, das ihr der MC nach dem fetten „Tightrope“ umlegt, das plötzliche, vogelartige Aufheulen bei „Wondaland“ und den entrückten, entfesselten Tanzstil. Auch das Jam-Interlude in „Mushrooms & Roses“ bedient sich bei den Instrumental-Orgien der J.B.’s, klingt aber eher nach Vulkan als nach Musik. Monáe, vielleicht um für die klanglichen Makel (und die nutzlosen Tänzerinnen) zu kompensieren, wirft sich in jedes Lied, als müsste sie es einem Tauben in der letzten Reihe vorsingen: mit pantomimenhafter Gestik und Mimik (der Stummfilmklassiker „Metropolis“ ist einer ihrer größten Einflüsse). Auch ist sie sich nicht zu schade, die vierte Wand zu durchbrechen und sich in die Menge zu werfen – die sie, trotz allem, auf Händen trägt.

Story ME 7/10

www.jmonae.com