Jefferson Airplane


Das schmalzige Liedchen „Summer Of Love“ auf der neuen LP lieferte Anlaß zur Befürchtung, daß der seit fast 20 Jahren ausgemusterte Jefferson-Flieger in arge Turbulenzen, wenn nicht gar in ernsthafte Manövrierschwierigkeiten geraten würde. Doch am ersten Abend der Reunion-Tournee machten die Woodstock-Veteranen keine allzu schlechte Figur. Immerhin lieferten die fünf Gründungsmitglieder von Jefferson Airplane ein über weite Strecken unterhaltsames und professionelles Konzert.

Sängerin Grace Slick jedenfalls ließ sich nicht anmerken, daß sie demnächst ihren 50. Gebunstag feiert, und war stimmlich in guter Form. Marty Balin sah zwar mit seinen wasserstoffblond gefärbten Haaren und der schwarzen Lederweste aus wie ein Show-Catcher auf musikalischen Abwegen, lieferte sich aber dennoch spannende vokale Duelle mit Mama Slick. Wenn dann noch Gitarrist und Sänger Paul Kantner, der jahrelang mit seiner einstigen Lebensgefährtin Grace nur über Rechtsanwälte verkehrte, in Songs wie „Won’t You Try/Saturday Afternoon“ vom Album AFTER BATHING AT BAXTER’S als dritter Sänger dazu kommt, glänzt die Gruppe fast wieder wie vor 20 Jahren. Auch Bassist Jack Cassady und Lead-Gitarrist Jorma Kaukonen sind noch gut in Form. Trotzdem hatte die Airplane-Crew Verstärkung angeheuert: Kaukonens Bruder Peter und Randy Jackson als zusätzliche Gitarristen sowie den Drummer Kenny Aronoff und den Keyboarder Tim Gorman.

Immerhin präsentierten die rüstigen Rock-Rentner ein dreistündiges Menü mit vielen guten Zutaten. Selbstverständlich nahm das klassische Material der Band einen breiten Raum ein: Songs wie „Somebody To Love“, „Plastic Fantastic Lover“ und „White Rabbit“ wirkten erstaunlich frisch. Im Vergleich damit offenbarten sich dann auch die Schwächen der neuen Stücke wie „Solidarity“ (frei nach Bertolt Brechts Lied von der Solidarität) oder „Freedom“, die schwülstig bis schmalzig daherkamen. Der Höhepunkt dieser geschmacklichen Fragwürdigkeit war erreicht, als sich Grace Slick dann solo ans Klavier setzte, um mit dem neuen Titel „Panda“ ökologische Betroffenheit zu demonstrieren. Zur Untermalung ihres Engagements warf sie kuschelige Stoffbärchen ins Publikum – schöne Grüße aus Disneyland.

Auf jeden Fall aber zeigte sich, daß das alte Luftschiff noch immer flugtauglich ist und das Publikum im ausverkauften New Yorker Hangar zu begeistern vermochte.