Krise überwunden: Seit PIAS Recordings wieder autonom sind, geht es für den Top-Indie aufwärts


Kurze Pausen steigern das Leistungsvermögen: Wird dem Managing Director Peter Cadera ein neues „Thema“, wie man in der Fachsprache sagt, durch seine gläserne Türe gereicht, dann weiß das ein paar Augenblicke später jeder der zwölf PIAS-Mitarbeiter. Wie es sich gehört, wackeln die Wände, wenn sich Cadera mit den Werken seiner Künstler beschäftigt, und wenn es gefallt, dann spielt er auch ein bisschen Luftschlagzeug. Ist das „Thema“ zudem noch von hoher Bedeutung so wie erste Hörproben des als künftiger Superstar-Produzent gehandelten Franzosen Avril -, dann kommen auch der Marketing Director Markus Schäfer und Veitiiebsleiter Hans Seelenmeyer von Connected dazu. In den hellen PIAS-Büros in einem Hinterhof mitten in Hamburg ist die Stimmung entspannt, seit sich das Independent-Label im Januar dieses Jahres von der Edel Music AG freigekauft hat. Zwar sind jetzt kreative Einfälle vonnöten, um sich für die neuen Zeiten im Musikbusiness zu wappnen, doch hat Cadera bereits 1997 bewiesen, dass er in schwierigen Zeiten der Mann mit dem richtigen Instinkt ist. Als er damals nach 20 Jahren A&R-Arbeit für EMI, Polydor UK, Intercord und Castle als Managing Director zu PIAS kam, hatte sich das Label bereits eine führende Position unter den Indies erkämpft, glich abeT organisatorisch noch – wie sich Cadera ausdrückt einem „Gemischtwarenladen“. „Es war zunächst wichtig, eine Struktur zu schaffen, in der man als komplette Record Company operieren konnte“, erinnert er sich. „Um für internationale Labels ein interessanter Partner zu werden, war es erforderlich, so schnell wie möglich einen eigenen Vertrieb aufzubauen“, so Cadera. „Ende 1997 beschlossen wir daher, zusammen mit Edel in einem Joint Ventureden Connected Musikvertrieb zu gründen.“ Kurze Zeit später waren tatsächlich presrigeträchtige Labels wie Epitaph und Burning Heart gewonnen, die zusammen mit den PIAS-Partnern Beggars Banquet und F Communications Connected als Vertrieb nutzten.

Expansion war einst das Ziel von Michel Lambot und Kenny Gates, als sie 1983 in Brüssel Play It Again Sam von einem Plattenladen zum Label machten. Doch so einfach es damals war, den Siegeszug der CD als Tonträger für die nächsten 15 Jahre vorherzusehen, so schwierig ist es heute, langfristige Strategien zu entwickeln. Gates spricht inzwischen davon, „das beste länderübergreifende Netzwerk für Independent-Labels „aufbauen zu wollen, während sich Cadera immer häufiger auch auf dem nationalen Markt nach viel versprechenden Künstlern umsieht. „Deutschland hat ein großes Künstlerangebot – es passiert gerade viel. Wir wollen unseren Stand national festigen. Aber wenn wir jemand signen, dann müssen wir wirklich überzeugt sein. Einen Künstler aufzubauen ist teuer, und dem Konsumenten muss man Qualität bieten“, so Cadera. Beruhigend findet Markus Schäfer, dass „das Interesse an Musik nach wie vor ungebrochen “ sei. Er ist zuversichtlich, dass neue Geschäftsmodelle eines Tages greifen werden. Bis dahin will PIAS sein hervorragendes Indie-Repertoire weiter ausbauen, und zwar „aufdrei Ebenen“, wie Schäfer erklärt: „Über eigene und Joint Venture-Labels, über die Lizenzlabels und über reine Vertriebslabels.“

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