Kylie Minogue: Kylie live in London


London, Shepherd's Bush Empire.

Wer hat Kylie Minogue bloß eingeredt, sie sei eime ernstzunehmende Sängerin und Songschreiberin? Egal, auf jeden Fall hat er weder uns noch Frau Minogue einen guten Dienst damit erwiesen. Kylie kann nämlich beides noch immer nicht – weder singen noch songschreiben. Dabei hatte ihr letztes Album „Kylie Minogue“ zu Hoffnungen Anlaß gegeben. Diese begründeten vornehmlich auf der Ankündigung, die Musik darauf sei mit postmodernen Dancebeats bestückt. Wollte Kylie also künftig im Revier von Björk wildern? Keine schlechte Idee, denn dort wäre es kaum noch auf ihre Stimme angekommen: Die Hauptarbeit wäre von der Elektronik geleistet worden, und die kann ja bekanntlich aus dem dünnsten Organ ein Mahalia Jackson-Timbre zaubern. Die letzten Kylie-Konzerte vor drei Jahren waren eine wohlige Orgie des schlechten Geschmacks. Die Show, der Zirkus, das Drumherum ist auch diesmal – bei drei ausverkauften Gigs im Shepherd’s Bush Empire in London – wieder schön schrill. Kylie wechselt alle paar Nummern das Kostüm. Einmal sieht sie aus wie ein Flamingo aus Plastik, ein anderes Mal wie eine Stripperin aus einem Fifties-Hollywood-Movie, und später dann wie die 90er-Jahre-Ausgabe von Doris Day. Die zugehörigen Songs werden nicht etwa mit Computern gespielt, nein, Kylie hat sich eine regelrechte Britpop-Combo zugelegt, deren Musiker aussehen, als seien sie von der Suzi Quatro-Band ausgeliehen. Entsprechend schwerfällig ist auch der Sound, den sie fabrizieren. In diesem Brei vermag Kylies Stimme in den tieferen Lagen nur noch zu brabbeln. Das Publikum – zur einen Hälfte Abgesandte der Londoner Schwulencommunity, zur anderen betagtere Girls, die mit Kylie erwachsen wurden – vergnügt sich derweil beim Biertrinken und Discodancing. Nach 45 Minuten kommt endlich Bewegung in die Show. Kylie – im Kostüm eines Rhinestone-Cowboy, begleitet von zwei eingeölten, lendenschwingenden Tänzern – bedenkt uns mit einer putzigen Version von Abbas „Dancing Queen„, gefolgt von einer Cocktailbar-Piano-Fassung ihres Teenie-Hits „I Should Be So Lucky“. Das Publikum steht für kurze Zeit köpf. Doch gleich danach gibt’s wieder den üblichen Britpop-Brei, der hie und da aufgelockert wird von einem Disco-Hit, einem Kostümwechsel oder einem nostalgischen „Better The Devil You Know“. Fazit: Kylie braucht entweder eine neue Stimme, einen neuen Songschreiber oder eine neue Band – oder alles zusammen.