Kylie Minogue: Old Spice Girl


Mit 29 Jahren präsentiert sich Kylie Minogue als gereiftes Fräuleinwunder.

Seit zehn Jahren ist die gebürtige Australierin Stammgast in den globalen Hitparaden, kann inzwischen auf sechs Alben und 26 Singles zurückblicken. Doch Pop-Platitüden wie „I Should Be So Lucky“ oder „The Loco-Motion“ sind ihr heute eher peinlich. „Wenn ich diese alten Videos sehe, könnte ich in Grund und Boden versinken.“ Ähnliche Ressentiments hegt Kylie gegenüber ihrer Schauspielkarriere, die in den frühen 80ern mit der Sitcom „Neighbours“ begann und in dem Action-Streifen „Street Fighter“ gipfelte: „Im Grunde war das nur ein Posieren. Ich sollte nett aussehen. Im nachhinein war es eine unglaubliche Zeitverschwendung und mit der größte Fehler, den ich je begangen habe“ Richtig stolz ist Kylie hingegen auf „Where The Wild Roses Grow“, ihr ’95er Duett mit Nick Cave, das sie als entscheidenden Wendepunkt ihrer Laufbahn bezeichnet. Kylie ’97 wagt denn auch den Spagat zwischen Seriosität und Massenware, zwischen Pop-Glamour und kreativer Verwirklichung. Für ihre neue CD (erscheint im Februar’98) hat Miss Minogue nicht nur sämtliche Texte verfaßt, sondern zudem auch noch an der Produktion mitgearbeitet. Bei der Wahl ihrer Partner zeigte sie guten Geschmack. Mit dabei: Dave Ball, DJ Rob Dougan und James Dean Bradfield von den Manic Street Preachers. Mit letzterem schrieb Kylie „Some Kind Of Bliss“ und „I Don’t Need Anymore“, die Höhepunkte eines Albums, das seine Identität zwischen TripHop, Dance und Britpop sucht – und doch nicht recht findet. Denn Kylie, die in Videos und Fotosessions gern die Lady spielt, bleibt am Ende stets das Mädchen von nebenan. Trotzdem träumt sie von einem Duett mit Beck, ernsthaften Filmrollen und einer ersten Welt-Tournee. „Alles eine Frage der Zeit“, meint Kylie tapfer, „schließlich habe ich erst angefangen, auf eigenen Beinen zu stehen“.