Konzertbericht

Live in Berlin: Walk, Idiot, Walk! So rockten The Hives Huxleys Neue Welt


The Hives haben am 21.09.23 Berlin erneut das Rocken gelehrt. Energiegeladene Eindrücke gibt es hier!

Als in den Nuller Jahren die sogenannten „The“ Bands die Indieszene überschwemmten, waren die schwedischen The Hives ganz vorne mit dabei. Keine ScheißIndieDisko kommt wohl ohne die Klassiker „Won’t be Long“, „Hate To Say I Told You So“ und „Tick Tick Boom“ aus, die auch den akribischst frisierten Pony schon beim Intro zu Fall bringen. Beeilt haben sich die Herren aus Fagersta noch nie, neue Musik auf den Markt zu werfen, aber elf Jahre zwischen LEX HIVES 2012 und dem aktuellen Langspieler THE DEATH OF RANDY FITZSIMMONS sind auch für die Indierocker eine verdammt lange Zeit. Jetzt ist die Platte endlich da, also muss sie auch live vorgestellt werden. Und so zogen die Herren in ihren schwarz-weißen Maßanzügen aus, um uns das Rocken zu lehren.

The Hives kündigen neues Album THE DEATH OF RANDY FITZSIMMONS an

Ihr Ruf als eine der besten Livebands eilt The Hives voraus und so wundert es kaum, dass das pittoreske Huxleys in Berlin Neukölln restlos ausverkauft ist.
Nach zwei starken Auftritten der Vorbands Bratakus (schottischer, weiblicher Punkrock) und Yikes (schwedischer Elektropunk) macht sich das Publikum bereit für die volle Dröhnung Rock’n’Roll. Und die soll es bekommen.

Let’s jump!

Um zwanzig nach Neun legen die Garagerocker auch direkt mit einem Song der neuen Platte los und eröffnen den Reigen mit Bogus Operandi. Sänger Howlin’ Pelles Energielevel liegt bei 120, er wirbelt herum, springt hoch und nimmt den gesamten Platz auf der Bühne ein. Das ist ihm aber nicht genug und so sucht er gleich zu Beginn den direkten Kontakt zum Publikum. Eigens dafür steht ihm eine kleine Treppe zur Verfügung, die von der Bühne zur Barrier führt. Umjubelt von seinen Fans genießt er das Bad in der Menge. Dieses Spiel wiederholt sich während des Konzerts noch ein Dutzend Mal und auch Gitarrist Nicholas Arson tut es ihm gleich. Etwas vorsichtiger ist Howlin’ Pelle heute mit seinem Mikrofon, das er traditionell samt Kabel wie ein Lasso schwingt. Dies führte in der Vergangenheit allerdings bereits zu einer blutigen Blessur, die, obschon dramaturgisch imposant, es künftig zu vermeiden gilt.

Nah am Menschen

Im Laufe des Abends bleibt kein Hit aus und kein T-Shirt trocken. Der Schweiß fließt nicht nur auf, sondern auch vor der Bühne, da das Publikum sich dem Charisma der Schweden kaum entziehen kann und ekstatisch die Hits wie „Walk, Idiot, Walk“ oder „Good Samaritan“ anstimmt. Neben den bereits eingangs erwähnten Diskohits sind auch die Ansagen Howlin’ Pelles ein Highlight. Ohne jegliche Scheu und Bescheidenheit lässt er Berlin wissen, wer und was The Hives sind: Eine der größten Bands des Planeten und gekommen, um zu bleiben. Dabei ist trotzdem Zeit für die wichtigen Dinge des Lebens, wie die Zusammenführung eines gefundenen Personalausweises mit dem rechtmäßigen Besitzer. Auch ein kleiner Plausch mit den Fans gehört dazu und das hebt The Hives am Ende doch von den durchgetakteten Ego Shows mancher Kollegen ab: Wenn schon nicht nah am musikalischen Zeitgeist, dann doch immer nah am Menschen. Das zeigt sich auch darin, dass Pelle sooft wie möglich versucht, Deutsch zu sprechen. Aus dem obligatorischen „Ladies. And Gentlemen. Ladies and Gentlemen“ wird also kurzerhand „Meine Damen. Meine Herren. Meine Damen und Herren. Und alle anderen“, was vom Publikum wohlwollend zur Kenntnis genommen wird.

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Energie zum Mitnehmen

Eine Rumpelkapelle sind The Hives ebenfalls nicht und so rundet ein guter Sound das Konzerterlebnis ab. Drummer Chris Dangerous wirbelt seine Sticks umher, verlässt auch mal sein Drumkit, um sich selbst von der Stimmung im Publikum zu überzeugen, Bassist The Johan and Only schneidet Grimassen und windet sich, während Gitarrist Vigilante Carlstroem breitbeinig sein Instrument bearbeitet. Was für eine Energie diese fab five doch verströmen! 70 Minuten inklusive Zugaben werden es am Ende sein, die die Schweden ihren Fans zugestehen. Die reichen aber auch, um sich auszupowern. Bombastisch endet der Abend mit dem Überhit „Tick Tick Boom“.

Ja, The Hives klingen noch wie vor 25 Jahren, ja, musikalisch innovativ ist die neue Platte nicht. Aber The Hives machen Spaß und ihre Sache gut – nicht umsonst ist die Tour annähernd ausverkauft. Die Band entführt ihr Publikum für einen kurzen Abend in eine Parallelwelt, in der alle Probleme durch treibende Beats und wildes Gezappel zu lösen sind. Und das brauchen wir doch alle ab und zu.