Neu auf Vinyl


2011 ist gefühlt jede Woche eine 40th, 30th oder 20th Anniversary Edition eines klassischen Albums veröffentlicht worden. Oftmals mit einer Vielzahl an sogenannten Bonustracks, die sich meist als Malustracks erwiesen haben. Im Gegensatz dazu feiert das Warp-Label das 20-jährige Jubiläum des Debütalbums vom Sheffield-Duo LFO auf eher unspektakuläre Weise. Zum ersten Mal seit Mitte der 90er-Jahre ist Frequencies (Warp/Rough Trade) wieder als LP erhältlich. Und zum ersten Mal auf DJ-freundlichem Doppelvinyl, gemastert von Rashad Becker von Dubplates & Mastering in Berlin. Die Doppel-LP enthält zusätzlich die zwei Tracks „Groovy Distortion“ und „Track 14“, die zwar auf der CD enthalten waren, jedoch nicht auf der Einfach-LP von 1991. Andy Bell und Gez Varley gelang mit der Sammlung bass-lastiger Tracks, die sich elegant zwischen technoider Kühle und Tanzbarkeit bewegten, ein Klassiker des frühen Techno und des britischen Rave.

Das letzte Studioalbum von Christa Päffgen aka Nico (1938-1988) wurde ihr experimentellstes und avantgardistischstes, was auf den Einfluss von Produzent John Cale zurückzuführen ist. Cale inszenierte Nico auf Camera Obscura (Music On Vinyl/Cargo) zeitgemäß als Goth-Queen, deren tiefe Stimme in ein musikalisches Umfeld aus kühlen, technoiden Synthsounds und programmierten Beats eingebettet wurde. Aus dem avantgardistischen Rahmen fallen die Interpretation des Jazzstandards „My Funny Valentine“ mit dem lyrischen Trompetenspiel von Ian Carr (Nucleus) und das sakrale „König“, ein Song, bei dem sich Nico selbst am Harmonium begleitet und der ursprünglich auf Desertshore (1970) hätte erscheinen sollen.

Im Januar 2011 verstarb der britische Filmkomponist John Barry mit 77 Jahren. Barry wird wohl auf ewig als der James-Bond-Komponist gelten, obwohl er seit 1960 Musik für über 100 andere Filmen schrieb. Zum Beispiel The Ipcress File (Silva Screen/Music On Vinyl/Cargo), der Soundtrack zum gleichnamigen 1965er Spionagethriller mit Michael Caine. Barry erweitert hier das Vokabular der melancholisch-düsteren Thrillermusik (gedämpfte Solotrompeten, dramatische Bläsersätze) um Anleihen aus Mainstream-Jazz, Swing und Blues und gibt dem Zitter-ähnlichen Sound des Zymbals eine Hauptrolle im Soundtrack. Die Wiederveröffentlichung kommt als 180-Gramm-Pressung mit der 7inch „The Dialogues“.

In zwei Tagen im Dezember 1957 hatte Miles Davis mit Schlagzeuger Kenny Clarke und drei französischen Musikern in Paris den Soundtrack zum Louis-Malle-Film „Fahrstuhl zum Schafott“ aufgenommen. Zwar gibt es hier vereinzelte Bebop-Ausbrüche („Diner Au Motel“, „Sur L’Autoroute“), doch mehrheitlich übersetzt Ascenseur pour l’échafaud (Fontana/Music On Vinyl/Cargo) die dunkle, existenzialistische Stimmung, die Malle in seinem Film zeichnete: Davis‘ „cooles“, sparsames Trompetenspiel, minimalistische Arrangements, Melancholie in Molltönen. Die Neuauflage kommt auf zwei 180 Gramm schweren LPs. Die erste enthält das Original-Album von 1958, die zweite 16 Tracks, die bei den Aufnahmesessions entstanden sind.

Stellen wir mit Blick auf die eingangs genannten Super-Duper-Deluxe-Editions mit Genugtuung fest, dass es auch anders geht. Das nach 44 Jahren erstmals veröffentlichte Album Smile (Capitol/EMI) der Beach Boys ist natürlich auch in zahlreichen Konfigurationen mit allerlei Beigaben erschienen. Aber auch als stinknormale Doppel-LP. Zu den beiden schweren Vinyls (Musik in Mono) gibt es ein zwölfseitiges Heft mit Fotos und Grafiken sowie neue Liner Notes von Brian Wilson, der hier erklärt, warum das Album trotz jahrelanger gegenteiliger Beteuerungen doch noch veröffentlicht wurde. Das alles reicht, um zu erkennen, dass Smile eines der größten Pop-Kunstwerke des 20. Jahrhunderts ist.

Weitere Neuerscheinungen:

Alva Noto – Univrs (2 LPs)

The Black Keys – El Camino

A.A. Bondy – Believers

Kate Bush – 50 Words For Snow (2 LPs)

Dillon – This Silence Kills (LP + CD)

DRC Music – Kinshasa One Two

The Fall – Ersatz G.B.

Eleanor Friedberger – Last Summer

Laura Gibson – La Grande

Magazine – No Thyself

Liquid Liquid – Slip In And Out Of The Phenomenom (3 LPs)

Mr. Oizo – Stade 2

Pearl Jam – PJ 20 (3 LPs)

Lou Reed & Metallica – Lulu (4 LPs)

The Rifles – Freedom Run

Soft Metals – Soft Metals

Space Dimension Controller – The Pathway to Tiraquon6 (2 LPs)

The Subways – Money & Celebrtity

Bill Wells – Lemondale