Philip Boa


Mit Bier und Messern werfen is nicht – wir sind keine Punk Band!“ Ein ebenso dankenswerter wie überflüssiger Hinweis von Philip Boa zu Beginn seine Konzertes, aus dessen versuchter Doppelbödigkeit wohl so etwas wie schlechtes Underground-Gewissen sprach – schließlich tummeln sich Boa & Co. munter in den deutschen Top 40; da dürfen altgediente Fans mindestens etwas Ironie erwarten. Die neuere Musik von Boas Voodooclub zeichnet sich live inzwischen durch erstaunliche Eingängigkeit aus: Man glaubt manchmal Rudimente etwa von Sweets „Poppa Joe“ oder Ray Davies‘ „Mr. Pleasant“ zu hören. Das Trommel-Markenzeichen des Voodooclubs pendelt deutlich in Richtung Polka – „Primitive Man“ zum Beispiel, vom aktuellen HAIR-Album, brettert geradezu munter los, und wenn Boa nicht mit stoischer (boischer?) Ruhe die Bühnenrampe auf und ab wandeln würde, es hätte fast so etwas wie rhythmisches Gliederzucken aufkommen können.

Voodoo und Der Rabe teilen sich noch immer die wichtige Percussion-Arbeit, die nach wie vor die größte Faszination des Boa-Sounds ausmacht. Seine Gitarren-Exkurse, die beständig zwischen naiv/sanft/melodisch und brachial/bizarr hin- und herschwirren, lassen jedoch keinen Kulinansmus aufkommen: Der Gefahr, zu gefällig zu werden, entgehen seine Sound-Eisschollen mühelos.

Pia auf dem linken Flügel, die das Konzert intim mit einem bukolisch/barocken Schalmeien-Solo begann, singt immer noch so schön schräg wie immer – die bezwingende Macht der falschen Töne, die manchmal „richtiger“ sein können als richtige. Können, aber nicht unbedingt müssen. Philip Boas Entwicklung ist an einem wichtigen Punkt angelangt: Im Rahmen seiner Ausdruckswelt hat er die höchste Intensität erreicht, auch und gerade weil sein jüngstes Album so melodisch, eingängig und freundlich klingt. Die Frage ist, wie’s nun weitergeht. In Concert wurde die Antwort nicht gegeben, denn der scheinbar verzweifelte Versuch, zwischen neuer Kommerzialität und so etwas wie szeneverbundenem Pflichtbewußtsein zu vermitteln, ergab einen konfusen und zerfaserten Eindruck, der die Intensität und Dichte der letzten Alben bestenfalls hier und da erreichte. Keine verwirrten Sinne, keine Hypnose, keine Irritation, schon gar keine Magie – nur Musiker, die sangen, Gitarre spielten und trommelten.