Promi Wider Willen


Dem DJ und Producer Paul Kalkbrenner droht seit seinem Auftritt im Kultfilm "Berlin Calling" die Mainstream-Walze.

Irgendwann riefen dann die Großraumdiscos an und boten fünfstellige Summen. Spätestens da wusste Paul Kalkbrenner, dass er nicht mehr nur ein Musiker war, sondern nun ein Star. Und lehnte lieber ab. Paul Kalkbrenner weiß, dass er aufpassen muss, in welche Richtung seine Karriere weiterläuft. Bisher war der Berliner ein gefragter DJ, Produzent und Reinixer, aber keiner, der auf der Straße erkannt wird. Nun droht plötzlich der Ballermann. Schuld daran sind allerdings nicht – jedenfalls nicht in erster Linie – die atmosphärischen Technotracks, die Kalkbrenner programmiert und live mit Synthesizern, Sequenzern und Drummachines aufführt. Schuld ist ein Film. Das Lichtspiel „Berlin Calling“ (Foto), in dem der 32-Jährige die Hauptrolle spielt, für das er als Berater tätig war und zu dem er den Soundtrack beisteuerte, hat sich zu einem Phänomen entwickelt. Gelobt vor allem für seine stimmige und authentische Zeichnung des Techno-Milieus, wurde „Berlin Calling“ nach einigen Aufführungen bei Festivals zu dem, was man im Filmgeschäft einen „Sleeper“ nennt. Nach enttäuschendem Start wuchs der Film zum Geheinitipp, Kinos bekamen Fanbnefe, sie sollten ihn endlich zeigen.

Heute, ein Jahr nach Filmstart, sind immer noch alle 30 Kopien im Einsatz. Mehr als 100.000 Leute haben „Berlin Calling“ mittlerweile gesehen, jetzt kommt die DVD. Parallel wurde auch der SoundtrackzumBestseller. Ursprünglich hatte Kalkbrenners Label BPitch Control die Musik gar nicht physisch veröffentlichen wollen. Eine Strategie, wegen der sich der Produzent, so wird gemunkelt, zwischenzeitlich mit Label-Chefin Ellen Allien verkrachte. Als die Downloads weggingen wie digitale Semmeln, kam doch noch die CD: Mehr als 80.000 Einheiten dürften mittlerweile verkauft sein, der größte Erfolg in der Geschichte von BPitch. Ein Erfolg allerdings, mit dem Kalkbrenner nun umzugehen lernen muss. Einerseits will er sein altes Publikum nicht verschrecken und „nachhaltig“ an seiner Karriere bauen. Andererseits stellt er fest, dass seine Auftritte immer mehr zu Heldenverehrungen mutieren, wie man sie eher aus dem Rock kennt. Die neuen Fans lassen sich die Hits vorspielen und trollen sich nach dem Set brav, statt bis zum Morgengrauen weiter zu feiern, wie es sich für eine zünftige Technoparty gehört. Spannend, wie Kalkbrenner damit zurechtkommen wird, dass ihn der Mainstream zu überrollen droht. Erst kürzlich kam wieder ein Anruf — von der Produktionsfirma von „Das perfekte Promi-Dinner“. Kalkbrenner hat abgelehnt. Aber er weiß jetzt: Er ist ein Promi.