Meinung

Rapper Luciano und Edeka produzieren HipHop-Werbeclip – oder das genaue Gegenteil?


Luciano und Edeka sind sich einig: „Hiphop hat genug kassiert“. Stattdessen gibt es Sticheleien gegen die Konkurrenz und ihre Vermarktung der HipHop-Kultur – zumindest auf den ersten Blick.

HipHop und Werbung passen einfach nicht zusammen. Zumindest geben einige, unfreiwillig komische Beispiele aus der Vergangenheit Hinweise darauf. Diesen Unternehmungen wollen der Rapper Luciano und die Supermarktkette Edeka jetzt wohl ein Ende setzen. In ihrer Zusammenarbeit entsteht ein Werbeclip, der den Versuch der Vermarktung des HipHop-Lifestyles ordentlich auf die Schippe nimmt.

Hier könnt Ihr den Edeka-Clip im Stream sehen:

https://www.youtube.com/watch?v=jkXvdohEQMY&feature=emb_title

Der „HipHop-Sven“

Im Mittelpunkt des Werbeclips steht nicht etwa Rapper Luciano, der im Grunde nur in Ausschnitten zu sehen ist, sondern ein fiktiver Werbe-Regisseur namens „HipHop-Sven“. Dieser versucht eine völlig überzeichnete und klischeebeladene HipHop-Werbe-Vision an Edeka zu verkaufen: Breakdance, Partystimmung, Schmuck und große Autos. Im Stile einer Mockumentary wird diese bizarre Geschichte zusammen mit Interview-Partner*innen aufgearbeitet. Darunter befinden sich nicht nur die CEOs von Edeka, sondern auch der HipHop-Journalist Nico Hüls und schließlich auch der Rapper Luciano, der sich über die Bemühungen von „HipHop-Sven“, ihn in seine Filmproduktion einzuspannen, zu amüsieren scheint. Die Message des Clips: „HipHop hat genug kassiert“.

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HipHop und Werbung

Rap-Größen wie Samy Deluxe und Eko Fresh haben bereits Werbung mit HipHop gemacht. Für ihre Rap-Songs für Penny oder die Deutsche Bahn ernteten die beiden aber nicht nur Applaus, sondern auch viel Gelächter und Hohn aus der Szene. Zuletzt hatte Aldi versucht, auf den HipHop-Zug aufzuspringen und veröffentlichte 2019 nicht nur den Song „Aldi Preis“ samt Musikvideo, sondern ist seit diesem Jahr auch mit einer eigenen Discounter-Mode-Kollektion im „HipHop-Stil“ der 70er- und 80er-Jahre am Start. Die Vereinnahmung der HipHop-Kultur für Marketing-Zwecke hat also Tradition. Genauso wie die immer wiederkehrenden Klischees. In der aktuellen Werbekampagne von Edeka, die auf Ausbildungsplätze aufmerksam machen soll, wird nun also genau diese Herangehensweise aufs Korn genommen und ironisch überzeichnet.

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Umgekehrte Psychologie?

Der Clip von Edeka kommt nun mit einer smarteren und zuweilen recht amüsanten HipHop-Werbung daher, die im Grunde das Problem beim Namen nennt: HipHop-Werbeclips sind in der Regel peinlich und leicht zu durchschauen – zumindest für eine Hörerschaft, die mit der Kultur aufgewachsen ist und zwischen billiger Vermarktung und kulturellem Beitrag unterscheiden kann. Die Lösung: Die Marke (in diesem Fall Edeka) gibt zu erkennen, dass sie mit der kulturellen Vereinnahmung von HipHop nichts zu tun haben will und suggeriert auf diese Weise, mit jungen Leuten (und potentiellen Kund*innen) auf einer Augenhöhe zu kommunizieren. Gleichzeitig macht sie im Grunde jedoch genau das, wogegen sie sich ausspricht: Werbung mit HipHop. Wenn auch auf einer neuen und durchaus cleveren Meta-Ebene. Auch Luciano, der demnächst seine eigenen Cornflakes auf den Markt bringen will, profitiert im Grunde von diesem raffinierten Schachzug.

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Das kann man jetzt gut oder schlecht finden. Eins ist jedoch klar: Edeka hat mit seinem Werbeclip mit Luciano nicht die Tradition der HipHop-Werbung beendet, sondern sie lediglich auf die nächste Stufe erhoben.