Reifenwechsel bei Formel Eins


Die populärste Musiksendung des deutschen Fernsehens bekommt am 9. Januar ein neues Gesicht. Die "Formel Eins" muß beliebter werden. Um verlorene Zuschauer zurückzugewinnen, wechselt die wichtigste Musiksendung des Deutschen Fernsehens den Sendeplatz, den Moderator und das Konzept. ME/Sounds sprach mit den "Alten", dem "Neuen" und allen anderen Beteiligten

Er hatte die gute Nachricht selbst noch kaum verdaut, da stürmte es schon von allen Seiten auf ihn ein. Keine 24 Stunden nachdem entschieden war, daß der 23jährige Kai Böcking ab 9. Januar 1988 die „Formel Eins“ moderieren wird, meldete sich der erste freundliche Herr und bot seine Dienste als Manager an. 25 Prozent von den Einnahmen – und Kai würde von diesen lästigen organisatorischen Dingen befreit. Das Angebot blieb nicht das einzige, wurde aber wie alle anderen abgelehnt.

Keine zwei Tage später ging’s dann richtig „… Mit „Formel Eins“-Produzent Andreas Hiesmeyer flog Kai morgens von München nach Köln, wo er auf einer Pressekonferenz beim WDR erstmals Kai Böcking ist der Neue bei „Formel Eins“. Maskottchen Thiesy (ganz links) bekommt Gesellschaft (Szene aus dem neuen Vorspann).

öffentlich vorgezeigt wurde.

Und es war, als hätte Deutschland nur auf ihn gewartet. In Scharen bedrängten ihn die Journalisten um Exclusivtermine. Er sollte sich beim Einkaufen fotografieren lassen, zuhause mit seiner Freundin oder am Schreibtisch der „Neuss Grevenbroicher Zeitung“ im Rheinland, wo er als Volontär seine ersten Artikel geschrieben hatte.

Nachmittags dann ging’s zurück nach München. Zum Abschluß der aktuellen „Formel Eins“-Produktion in der Halle 10 auf dem Gelände der Bavaria-Filmstudios nochmal das gleiche: Fotos, Fragen, Lächeln, optimistisch sein. Als Thiesmeyer ihn bei dieser Gelegenheit als den Kandidaten unter den 72 getesteten Bewerbern pries, der mit seiner netten, frischen Art am ehesten in der Lage sei, auch die Großmütter für die Sendung zu begeistern, da hätte Kai Böcking am liebsten den Raum verlassen.

Tatsächlich aber ist dies genau seine Aufgabe: Die Großmütter sollen Samstag um 15 Uhr, wenn in Zukunft „Formel Eins“ im Ersten läuft, vor den Fernseher geholt werden. Und auch die Eltern sollen möglichst das Wohnzimmer nicht mehr 5 ME/SOUNDS 9

PETER ILLMANN

Wenn ich mich an „Formel Eins“ erinnere, dann denke ich vor allem an die Anfänge: Niemand ahnte damals, wie die Sendung nun genau aussehen würde, niemand wußte, wieviele Jahre sie laufen würde. Chancen hatte ich mir ohnehin nicht ausgerechnet. Aber es ging los.

Spätestens nach einem Jahr wurde die „Formel“ für alle Beteiligten aber doch irgendwie zur Routine. Durch die Fließbandproduktion war die Woche aufgeteilt wie bei einem Angestellten: Montag und Dienstag Baubesprechung, Mittwoch Videoauswahl, Donnerstag und Freitag Aufzeichnung und Samstag Endbearbeitung. Genau die gewisse Routine, die sich mit der Zeit einschlich, hat mich dann nach zwei Jahren auch dazu bewogen aufzuhören. „Formel Eins“ heute ist sicherlich eine andere Sendung als zu meiner Zeit, denn die Umstände sind andere. Im deutschen Fernsehen ist eine Unterhaltungssendung nicht erfolgreich, wenn nicht mindestens 30% Sehbeteiligung vorhanden ist. Soviel wird „Formel Eins“ nie erreichen und deshalb mache ich mir etwas Sorgen um die Sendung im Ersten Programm. Ich wünsche der „Formel Eins“ nicht das gleiche Schicksal wie all den Popmusiksendungen, die von ARD und ZDF gekippt wurden.

STEFANIE TUCKING

Als ich das erste Mal in die Halle kam, dachte ich: Das darf nicht wahr sein! Du denkst immer, beim Fernsehen ist alles gebohnert. Aber das sah aus wie bei uns im Keller. Im ersten halben Jahr war ich wohl mehr gehaßt als geliebt, einfach weil ich ein Mädchen bin. Die „Formel Eins“-Zuschauer sind zu 70 Prozent selbst Mädchen. Denen ist einfacher ein Junge zu präsentieren. In Ingolfs letzter Sendung, in der ich auch vorgestellt wurde, trug das ganze Team schwarz. Aus Trauer. Kann ich verstehen, ich selbst hab‘ über Ingolf immer Tränen gelacht. Am aufregendsten waren für mich die Interviews, vor allem wenn jemand kam, von dem ich seit Jahren die Platten kaufe. Daryl Hall oder Bryan Ferry zum Beispiel. Dann war ich immer hin und weg und wußte gar nicht, welche der 100.000 Sachen ich in den 1 1/2 Minuten fragen sollte. Daß ich nach zwei Jahren aufhöre, ist allein schon wichtig, um nicht das Pierre Brice-Syndrom zu entwickeln. Der wird immer Winnetou bleiben, egal, was er spielt. Bei mir hätte es dann geheißen: Das ist doch die Alte mit den Video-Clips, die kann eh nichts anderes, brauchste gar nicht anzurufen.

INGOLF LUCK

Ingolf Lück arbeitet zur Zeit an seiner neuen Sendereihe „Lücks Zeitlupe“ (ab 4.1.88 im WDR regional). Aus Geheimhaltungsgründen darf er keine Stellungnahmen irgendwelcher Art abgeben. Auf Ingolfs Wunsch baten wir daher seinen Vetter Horst um eine Stellungnahme. ME/SOUNDS: Lieber Horst, wie hat das damals eigentlich alles angefangen?

HORST LÜCK: „Uns-die Familie — hat doch nie einer gefragt! Wenn wenigstens mal einer vorher gekommen wäre und hätte gesagt…

„Guten Tag, Thiesmeyer mein Name, vom Fernsehen. Entschuldigen Sie bitte, aber die deutsche Jugend braucht ein neues Idol. Gutaussehend trotz seiner Nasenlänge. Ein Gemisch aus allem und doch der Einzige. Zukunftsfroh! Rückblickend! Richtungsweisend! Ein Derwisch auf allen Discotanzflächen Westeuropas. Tierlieb, Kinderlieb, Liebenswert. Politisch geradeaus! Ein moderater Komponentenkleber des popmusikalischen Weltgefüges. Ein Mann, den wir zur Prawda des deutschen Farbfernsehens machen können. Ein Magier der Nachkriegsunterhaltung. Ein allwöchentlich 45-Minuten-Zeitgeist-Raffer.

Einen Mann, für den Modern Talking die Auferstehung des Rock’n’Roll bedeutet. Der Stevie Wonder fragt, wie oft er die Woche fernsehe. Der mit AHA die türkische Version von Bob Dylan „How Many Roads“ intoniert. Der sich wiederholt nicht scheut, seine echte Zuneigung für Nena zu gestehen. Der sich für sein Idol Billy die Haare färben läßt.“ ME/SOUNDS: „Aber Herr Horst, beruhigen Sie sich doch!“

HORST LÜCK (völlig außer sich): „Ja, ist doch wahr! Wenn da mal einer gekommen wäre, dann hätte ich, Horst, doch sofort zugegriffen! Dann hätte es mal’nen richtig guten Formel Eins-Moderator gegeben. Aber so ist er’s geworden, dieses ewig schwarze Schaf der Familie!“

verlassen, wie sie es nach den Erkenntnissen der Demoskopie in der letzten Zeit immer häufiger getan haben, wenn die Kinder „Formel Eins“ einschalteten. “ Wir müssen die Randgruppen zurückgewinnen, die wir anfangs auch hatten“, sagt Thiesmeyer über den großen Reifenwechsel bei „Formel Eins“‚. Außer einem neuen Moderator und der neuen Sendezeit in der ARD gibt’s deshalb auch im Programm Neues:

¿ NEWS: Neues aus Popszene, Mode und Sport. Illustriert mit kurzen Spots aus England und USA.

¿ KINO-NEWS: Aktuelle Filmvorstellungen.

¿ SPECIAL STORIES: Geplant für die ersten drei Sendungen:

— Zu Gast bei Billy Idol im Studio und zuhause — Bericht von den Dreharbeiten zum Thriller „Die Katze“ (Götz George. Gudrun Landgrebe) — Oldie-Rückblick: The Hollies ¿ Im neuen ZEICHENTRICK-VORSPANN von Ken Dowsing bekommt Maskottchen Thiesy Gesellschaft aus dem Weltraum.

¿ Die neue TITELMUSIK stammt von Yello.

Der komplette sogenannte journalistische Teil soll kaum länger dauern als fünf Minuten. Dafür fallen dann ein bis zwei Musiktitel raus. Das ist möglich durch eine Umstellung des selbstgesetzten „Formel Eins“-Prinzips: Bisher wurden alle Neuzugänge aus den deutschen Top 75 gezeigt; in Zukunft kommt nur noch automatisch in die Sendung, wer es in die Top 50 schafft.

News und Stories (gestaltet vom Ex-„Bravo“ Redakteur Werner „Bubi“ Heilemann) sollen neue Zuschauer locken. 4 — 5 Prozent, so Thiesmeyer, schalten immer ein, das sind die harten Fans. Egal ob Hochsommer ist oder die Sendung quer durch die Dritten Programme von einem Termin zum anderen verschoben wird.

Zur neuen Samstagnachmittag-Sendezeit sitzen jetzt schon 20 — 25 Prozent der Zuschauer vor den Geräten und sehen irgendeins der gerade ausstrahlenden Programme. „Wenn wir davon die Hälfte kriegen, sind wir König“, ist sich Thiesmeyer mit dem auftraggebenden WDR einig.

Wenn nicht, dann wird er sich schnell was einfallen lassen müssen. Denn nach vier Jahren „Formel Eins“ war 1987 die Luft ziemlich raus aus. Die Einschaltquoten sanken, Musikvideos hatten den Reiz des Neuen längst verloren und ihr Image bei den Verantwortlichen war auch nicht gerade gestiegen. Hinzu kam die Musik-Inflation durch Privatradios und Kabelkanäle wie die musicbox, die 24 Stunden nonstop Videos ausspucken.

., Wir waren hier alle etwas in Routine versackt“, gesteht Andreas Thiemeyer zu, „aber jetzt ist ,FormelEins für mich zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder ein Fulltime-Job“. Er hat sich viel vorgenommen.

Nach dem schnoddrigen Peter 111mann (1983/84), dem Komiker Ingolf Lück (1985) und der rotzigen Stefanie Tücking (1986/87) – alle bei anderen Sendern bzw. Auftritten entdeckt — geht mit Kai Böcking erstmals ein echter Frischling an den Start. „Fernsehen kannte ich bisher nur vom Ein- und Aussehallen“, erklärt er forsch. Radio hat er dafür schon gemacht. Beim Münchener Privat-Kanal Radio Gong 2000 war er neben seinem Politik- und Betriebswirtschaftsstudium rasender Reporter für Lokal-Themen. Hin und wieder durfte er auch moderieren.

Böcking sieht sich selbst nicht als einen ausgeprägten Musik-Fanatiker, hatte mit dieser Branche bislang genauso wenig Berührung wie mit dem Fernsehen und hört gern das, was die meisten hören: die Hits. So gesehen also der richtige Mann für eine Sendung, die fast ausschließlich Hitparaden präsentiert. Kais letzte selbstgekaufte Platte war eine Maxi: „Casanova“ von Levert. Die „Formel Eins“ allerdings hatte er selbst schon länger nicht mehr regelmäßig gesehen.

Nachdem er erfuhr, daß er diese Sendung bald selbst moderieren würde, setzte er sich erstmal vor den Fernseher und stoppte die Dauer der Moderationen von Stefanie Tücking ab, um einschätzen zu können, was man in dieser Zeit überhaupt machen könne.

„Es ist, als ob dir jemand die Tür aufmacht“, freut sich Kai über die Chance, die er mit „Formel Eins“ bekommt. „Aber es wäre mir lieber, wenn bis zur ersten Sendung kein Rummel um mich gemacht würde. Vielleicht stehe ich dann ja vor der Kamera und habe einen Kloß im Hals?“

Gleich anschließend an die erste neue „Formel Eins“, am 9. Januar um 15.45 Uhr, startet ein weiterer Versuchsballon. Ein 40-Minuten-Special zum Thema AIDS. Mit wenig Musik und vielen Stellungnahmen von Jugendlichen. Moderiert wird das Special von Stefanie Tücking und Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth, die die Sendung auch bezahlt. Wenn die Resonanz gut ist, soll es solche Sondersendungen in Zukunft öfter geben.

Am 7. April dann darf die „Formel Eins“ sogar ins ARD-Abendprogramm. Einmal allerdings nur, zur Feier der 200. Sendung und mit allen vier Moderatoren. Ähnlich wie beim Mammut-Aufgebot in „Peters Pop-Show“ im ZDF, sollen dann in der Frankfurter Festhalle die Top-Stars, die seit der ersten „Formel Eins“ am 5. April 1983 Revue passierten, persönlich auftreten.

Pünktlich zum Jubiläum wird auch ein Buch erscheinen, im dem „Formel Eins“-Regisseur Michael Bentele und andere Beteiligte zurückblicken. Bentele war 1982 von Thiesmeyer von der Münchner Filmhochschule weggeholt worden, noch bevor er seinen Abschlußfilm gedreht hatte. Ursprünglich ging es nur um 13 Folgen für WDR 3. Die Pilotsendung, noch „im Hinterhof und auf der Wiese“ vor Thiesmeyers Büro produziert, überzeugte dann aber die Verantwortlichen, „Formel Eins“ in allen Dritten Programmen zu plazieron. Aus den damals geplanten 27 Folgen wurden die bis heute knapp 200.

Damit ist „Formel Eins“ diejenige Sendung des Deutschen Fernsehens, die die meisten internationalen Pop-Stars in der kürzesten Zeit durch ihr Studio geschleust hat. Da gibt es natürlich auch einiges an Anekdoten zu erzählen.

Skandale um einzelne Videos etwa. Umstritten und bei der Ausstrahlung von einzelnen Sendern teilweise geschnitten wurden: „Relax“ von Frankie Goes To Hollywood; „Hitler Rap“ von Mel Brooks; „Jeanny“ von Falco. der dann nicht mal hinterher erklärende Worte abgeben durfte; „Love Missile 1-11“ von der endischen Skandaltruppe Sigue Sigue Sputnik und kürzlich „Etienne“ von der Französin Guech Patti.

In der wöchentlichen Sitzung, an der neben Andreas Thiesmeyer auch der jeweilige Regisseur der Sendung (Bentele teilt sich die 40 Folgen pro Jahr mit Kai von Kotze), der Moderator und zwei Assistenten teilnehmen, wird entschieden, welche Titel reinkommen und welche nicht. Neben den Neuzugängen gibt es da immer das ungekürzte Video und „Formel Eins“-Tips aus Charts anderer Länder.

Entschieden wird auch, ob von einer Gruppe das Video eingesetzt wird oder eine Studio-Aufzeichnung vorgezogen wird. Kürzlich gab es zum ersten Mal den Fall, daß die Redaktion einer Gruppe nahelegte, lieber ins Studio zu kommen, um sich nicht mit ihrem Video zu blamieren; Es war die Münchener Freiheit mit „Solange man Träume noch leben kann“, einer vor Kitsch triefenden Inszenierung der Band zwischen sroßem Orchester.

Zu den größten Stars, die bei der „Formel“ zu Gast waren, zählt Stevie Wonder. laut Thiesmeyer „der einzige Künstler, der in der Sendung auftrat, ohne eine Platte verkaufen zu wollen.“

Stevie war von seinem amerikanischen Management auf eine weltweite Promotion-Tour geschickt worden, obwohl keine Neu-Veröffentlichung anstand. Für alle anderen Shows waren keine Termine mehr zu kriegen. Und weil es gerade kurz vor Weihnachten 1985 war. wurde beschlossen, Stevie ein Weihnachtslied singen zu lassen. Einfach so.

Auch Bundespräsident Richard von Weizsäcker trat schon auf. Auch er wollte keine Platte verkaufen, er führte 38 seiner Patenkinder durch die Bavaria. 1985 wurde die deutsche Band für Afrika mit „Nackt im Wind“ hier aufgezeichnet und brachte an einem Tag 38 deutsche Top-Acts zusammen.

Rod Stewart wiederum war einer der Künstler, die in ihrem Terminplan keinen Trip nach München einfügen mochten, nur um die Trophäe für eine Nummer Eins in Deutschland abzuholen. Also wurde Peter Illmann nach Tel Aviv geschickt, wo er Rod nach einem Konzert traf. Für ein Kamerateam allerdings reichte das Geld nicht. Da sprang Pop-Fotograf Fryderik Gabowiczein und filmte mit einer VHS-Videokamera die unvergeßliche Szene, wie Illmann auf dem Balkon eines Hotelzimmers spät nachts dem verduzten Rod Stewart einen abgeschraubten Scheinwerfer der „Formel Eins“-Isetta überreichte.

Die meisten der Gruppen, die im Studio zu Gast waren, fühlten sich in der (für normale Fernseh-Verhältnisse) chaotischen Umgebung zwischen Schrott-Autos und improvisierten Garderoben schnell zuhause. (Ausnahmen wie ein amoklaufender John Cougar Mellencamp bestätigen die Regel.) Ein junges Team, größtenteils Filmhochschüler, das auch bereit ist, schnell umzudenken, hat hier das Sagen. Schwierigkeiten gab es mit Human League, die die Kulisse einer zerbombten Straße für ihren Song „Lebanon“ ablehnten und unvernchteter Dinge wieder abreisten.

James Brown wollte partout nicht singen

Auch James Brown wollte bei seinem Besuch partout nicht singen, weil er das Playback zu seinem Song „How Can You Stop“ nicht beherrschte. Stefanie Tücking wunderte sich dann vor laufenden Kameras, nicht ohne Hintergedanken, über seine Stimme, die auf Platte so anders klänge als beim Sprechen. James Brown sang ein paar Takte an, führte seine berühmten Tanzschritte vor, Bentele spielte das vorbereitete Playback zu. bis Brown sich geschlagen gab und seine Show abzog.

„Formel Eins“ ist — in erster Linie wegen mangelnder Konkurrenz — nach wie vor die wichtigste Musiksendung im Deutschen Fernsehen. Für die Plattenindustrie haben „Formel Eins“-Auftritte sogar enormen Stellenwert. Wer in die Charts kommt, kommt automatisch in die Sendung. Und wer es nach dem TV-Auftritt nicht schafft, noch mehr Platten zu verkaufen, der muß schon einiges falsch machen. Die anfängliche Regelung, die Nummer Eins in Deutschland jede Woche auszuspielen, wurde allerdings schnell wieder fallengelassen, als sich herausstellte, daß man dadurch die Titel von der Spitzenposition kaum mehr runterbrachte.

Auf die Unterstützung der Plattenindustrie setzt Andreas Thiesmeyer deshalb auch für die journalistischen Erweiterungen, die bei dem schmalen Budget von 90.000 Mark pro Sendung eigentlich überhaupt nicht drin wären.

Aber das ist nur das Nahziel. „Das Überangebot an Musik im Fernsehen wird größer, gleichzeitig werden die Videos langweiliger, prüder, spannungsloser, MTV-able eben“, sagt Thiesmeyer. „Ich sehe, daß es in dieser Form bis 1990 gui gehen wird. Dann haben wir uns entweder so fest etabliert wie .Top OfThe Pops‘ in England, oder aber wir machen etwas ganz anderes. „