Agnes Obel

Myopia

Deutsche Grammophon/Universal

Die dänische Berlinerin Agnes Obel hat womöglich jetzt schon das beste und unheimlichste Kammerpop-Noir-Album der 2020er geliefert.

Wer Agnes Obel für die Frau hält, die entspannende Betthupferl-Ballädchen chantiert und dazu bisschen Easy Listening auf dem Klavier klimpert, sollte dringend einen Hör- und einen Psychotest machen, um sich nicht weiter zu blamieren. Agnes Obel ist zurzeit eine der spannendsten Meisterinnen des Unheimlichen, wie ihr auch kein Geringerer als Psycho-Horror-Regisseur David Lynch schon vor einer ganzen Weile attestiert hat und sich bei der Dänin mit einem nicht in Auftrag gegebenen Remix bedankt hat.

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Fürs Vorgängeralbum CITIZEN OF GLASS hatte Obel ihren eigenen zauberschönen Cha­rakter­mezzosporan schon Anohni-androgyn heruntergepitcht für einen Track, um quasi mit sich selbst oder ihrem Geist zu duettieren. Daran scheint sie Gefallen gefunden zu haben und setzt diese Technik nun auch für Violinen ein, die, heruntergepitcht, fast wie Celli klingen, aber eben nicht ganz – und sich damit ins Uncanny Valley begeben, also jene Zone, die so dicht am Original dran ist (aber eben doch eine halbe Spur daneben), dass sie einen erschaudern lässt.

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Auch an den Tasten fordert sich Obel immer wieder selbst heraus, nutzt diesmal neben den von Nils Frahm geliebten filzgedämmten Pianosaiten per digitalem Emulator auch den kaum je genutzten Luthéal, der den Pianoklang Richtung Hackbrett sabotiert. In „Island Of Doom“ fühlt man sich so, als säße man in einer Gondel vor der Friedhofsinsel vor Venedig, im Seenebel – dummerweise sind da Leute mit Karnevalsmasken unterwegs in anderen Booten, und man ahnt, dass sie den Urnen entstiegen sind.

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