„Baybee, Baybee, Baaaybeee“ :: Led Zeppelin – How The West Was Won (Atlantic/Eastwest)
Nach mehr als 20 Jahren steht erneut ein Album – zumal in Form einer nicht unbedingt preisgünstigen Triple-CD – der Rocklegende Led Zeppelin an der Spitze der US-Billboard-Charts. Eine zeitgleich veröffentlichte DVD könnte sogar sämtliche bisherigen Verkaufsrekorde brechen. Zuletzt hatten die Briten einen vergleichbaren Erfolg 1979 mit ihrem letzten Studioalbum in Through The Out Door.
Die 18 Tracks des 3-CD-Pakets How The West Was Won, zwei zu einem perfekten Led Zep-Set nahtlos zusammengefügte Live-Mitschnitte aus dem Los Angeles Forum vom 25. und 27. Juni 1972, kursieren schon seit Jahrzehnten auf dem Schwarzmarkt. Was nun bei Zep-Oberhaupt Jimmy Page den Anstoß gab, erneut bei Songauswahl und Remastering selbst Hand anzulegen, lässt sich nur vermuten. Ob Nostalgiegefühle im Spiel waren oder eher der Spaß, den im digitalen Zeitalter immer dreister agierenden Bootleggern das Handwerk zu legen, oder aber schlicht und ergreifend der Mammon lockte, ist letztendlich einerlei. Was zählt, sind exakt 150 Minuten und elf Sekunden umwerfende Musik der Extraklasse. Erstaunlich, denn mit offiziellen Konzert-Aufzeichnungen von Led Zeppelin wurden die Fans in den vergangenen dreieinhalb Jahrzehnten nicht gerade verwöhnt. 27 Jahre nach dem eher lausigen Soundtrack The Song Remains The Same legen Led Zeppelin endlich ihr erstes amtliches Live-Album vor – eine magische Zeitreise in die frühen Seventies, als die Band ihren britischen und amerikanischen Kollegen in Stil, Ausdruck und Präsentation haushoch überlegen war.
Die Aufnahmen wurden von Jimmy Page eher zufällig während der intensiven Recherche für das DVD-Set entdeckt. Bildmaterial dazu konnte er zwar nicht aufspüren, doch angesichts der außergewöhnlichen Tonqualität, der dynamischen Atmosphäre und der Spielfreude stand einer kommerziellen Auswertung nichts entgegen. Die Höhepunkte der beiden Konzerte verteilen sich auf drei von Produzent Kevin Shirley (u.a. The Black Crowes, Iron Maiden) exzellent gemixte Silberlinge und dürften nicht nur den Zeppelin-Fans Glücksgefühle bringen. Die vier Rockgiganten zünden ein furioses Bombardement, in dem neben süperben Standards wie „Stairway To Heaven“, „Since I’ve Been Loving You“, „Immigrant Song“, „Rock And Roll“, „The Ocean“ oder dem leicht enervierenden 19-minütigen Schlagzeugsolo „Moby Dick“ auch diverse Überraschungen auftauchen. In dem knapp halbstündigen Paradestück „Dazed And Confused“ erklingen Extrakte aus gleich zwei Raritäten: „Walters Walk“ und dem wohl ungewöhnlichsten Led-Zep-Stück überhaupt, dem Minimal-Funk-Reißer „The Crunge“ – zum Zeitpunkt der Aufzeichnung beide noch unveröffentlicht. Ein ganzes Arsenal an Reminiszensen findet sich im archetypischen, voluminös auf satte 23 Minuten zerdehnten „Whole Lotta Love“. In den ursprünglich aus der Feder von Willie Dixon stammenden Klassiker „You Need Love“ flechten Plant, Page und Co. John Lee Hookers „Boogie Chillun“, Wanda Jacksons „Let’s Have A Party“, Rick Nelsons „Hello Marylou“ und James B. Odens „Going Down Slow“ ein und feiern damit leidenschaftlich ihre eigenen Rock’n‘ Roll- und Blues-Wurzeln.
Wie hoch der musikalische Standard von Led Zeppelin tatsächlich war, zeigt ein subtil integriertes Akustik-Set mit den filigranen Glanzlichtern „Going To California“, „That’s The Way“ und „Bron-Yr-Aur Stomp“. Zum grandiosen Finale folgt ein weiterer zwölftaktiger Evergreen: Das abermals von Willie Dixon stammende, durch Robert Plants Autoharp-Splitter begleitete „Bring It On Home“ in einer knapp zehnminütigen Version. Aus unerfindlichen Gründen fehlen die auf Bootleg berücksichtigte Countryballade „Tangerine“ und der derb rockende Kingsmen-Klassiker „Louie Louie“ ebenso wie vernünftige Liner Notes – dafür liegen der DVD gleich zwei detaillierte Booklets bei.
Parallel dazu erscheinen sämtliche offiziellen Zeppelin-Alben plus der Soundtrack The Song Rremains The Same und dem Outtake-Sampler Coda als liebevoll und detailgetreu gestaltete Miniatur-Vinyl-Repliken im Card-Sleeve-Format.
>>> www.ledzeppelin.com
Discografie (Auswahl)
1969 Led Zeppelin 4
1969 Led Zeppelin II 5
1970 Led Zeppelin III 5
1971 Led Zeppelin IV 6
1973 Houses 0f The Holy 4
1975 Physical Graffiti 5
1976 The Song Remains The Same 1
1977 Presence 3
1979 In Through The Out Door 3
1982 Coda 2
2003 How The West Was Won 5
alle Atlantic/Eastwest
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