Born To Run

Das Meisterwerk des US-Rock aus Sicht eines Historikers (und Fans). Nicht unbedingt geschickt, wenn der Autor eines Buchs über ein Album auf der ersten Seite feststellt, er hake es für „die größte Platte aller Zeiten“ – kritischer Abstand führt sich anders ein. Dennoch ist das Werk des New Yorker Historikers lesenswert, weil er aus einer ganz anderen Richtung an die Sache rangeht als ein Musikjournalist. Das 1975 erschienene „amerikanische Meisterwerk“, mit dem Springsteen vom mit zwei Flopalben belasteten Talent zum Weltstar und „amerikanischen Archetypus“ wurde, dieses vielstimmige Sammelsurium aus Geschichten über Flucht, Verzweiflung, Erlösung, Hoffnung und Vergeblichkeit, das zwischen Realismus, US-Romantik und Kitsch hcrumlaviert wie ein außer Kontrolle geratener Cadillac in einem gigantischen Autoscooter, ist oft analysiert worden, aber selten mit so viel Sachverstand über Musik und Text hinaus. Die auch als solche spannende Erzählung beginnt im Juni 1973, als der 16-jährige Masur Springsteen live sieht und Fan wird. „Die Geografie von Born To Run“ ist das zentrale Stück, ein kulturhistorischer Essay, aus dem man nebenbei mehr über die USA erfährt als aus einem Geschichtsbuch. Dann geht der Autor auf Rezeption und Wirkung ein und kommt endlich in der Gegenwart an. Der riesige Apparat von Anmerkungen, Literaturverzeichnis und Register weist das Werk als historiografisches aus, wäre allerdings verzichtbar gewesen, zumal es sich beileibe nicht wie ein solches liest.