Buddy Holly :: Vier Re-Releases

Die Musik starb nicht in jener eisigen Nacht auf den 3. Februar 1959, als Buddy Holly in der Nähe von Mason City, Iowa, beim Absturz eines gecharterten Flugzeuges tödlich verunglückte. Holly selbst hatte zuvor seinen Rock ’n‘ Roll, der erfrischend wie ein Aprilsturm durch die verstaubte amerikanische Unterhaltungsmusik fegte, mit orchestralen Tranquilizern und allzu poppigen Weisen in ein vorübergehendes künstlerisches Koma versetzt. Und jenseits des Atlantiks warteten ohnehin Stoßtrupps agiler Jungmusikanten nur darauf die Welt zu verändern. Rückblende: 1957. Ein seltsam linkischer, mit gewaltiger Hornbrille bewehrter schräger Vogel debütiert mit „That’ll Be The Day“. Das helle Geläut von E-Gitarren, der hicksende Sänger, die drängende Rhythmik sowie witzige, absolut lebensnahe Lyrics entzücken Legionen von notorisch gelangweilten Teenagern. Buddy Holly nennt sich dieser 20-jährige Charles Hardin Holleyaus Lubbock,Texas, der soeben beiläufig das klassische Line-up einer Rockkapelle eingebürgert hat – zwei Gitarren, Bassgitarre, Schlagzeug. Buddy brütet schmissigen, unüblichen Rock ’n‘ Roll zu quecksilbrigen Vokalisen aus. Für das eine Label werden seine Songs mit der Leib-Combo The Crickets produziert, für ein zweites (nominell) ohne sie. Niemand ahnt, dass diese Lieder alsbald Generationen von Rockern prägen werden. Von den zwölf Stücken auf Hollys ’57er-Einstands-Album THE „CHIRPING“ CRICKETS 4 ragen „Not Fade Away“ und „Oh Boy“ heraus. Beide repräsentieren, zumal in ihrer Originalversion, Paradebeispiele für unvergänglichen Gitarrenrock. Die Blaupausen für ein gesamtes Genre – das sind sie. THAT’LL BE THE DAY 5 knüpft bald darauf ebenbürtig an seinen Vorgänger an. Abgesehen vom Titelsong, bleibt der weitere Albumstoff jedoch von Buddy Normalrocker- relativ unbeachtet, was zumindest den Holly-Kompositionen Unrecht tut („Midnight Shift“). Bis zum Erscheinen von BUDDY HOLLY 6 (1958) vergehen wieder nur wenige Monate, doch der Protagonist ist unwiderruflich vom eifrig rockenden Landei zum großartigen Songwriter und Sänger gereift. „Peggy Sue“, „Listen To Me“ und das Jahrhundertwerk „Words Of Love“: Bedarf es weiterer Aufzählung von Klassikern aus dem Rock-Pantheon? Was Buddy Holly bald darauf an Irrungen und Wirrungen praktiziert, ist eine andere Geschichte. Jedenfalls erscheint sein viertes und letztes „Original“-Album erst vier Jahre nach seinem Tod. „REMINISCING“ 6, das mitten in den Beat-Aufbruch platzt, ist sein wohl populärstes Werk. Auch wenn Holly-Fundamentalisten dem Album unerschütterlich die Authentizität absprechen, da die Songs nachträglich (um-)arrangiert oder neu instrumentiert wurden-An der Klasse der All-Time-Greats à la „Because I Love You“ oder“Brown Eyed Handsome Man“ können weder Kosmetik noch Diskussion irgendetwas ändern.