Clawfinger – Use your brain

Das Nordquartett (zwei Schweden, zwei Norweger), das 1993 mit DEAF, DUMB, BLIND eines DER Crossover-Metal-Alben vorlegte, muß sich nun an seinem furiosen Debüt messen lassen, und da fällt das neue Werk ein kleines bißchen ab. Clawfinger sind erdiger geworden, die Samples, die auf dem Vorgänger manchem Song noch den letzten Kick verpaßten, gehen weitgehend unter, und bei einigen Songs wird man den Eindruck nicht los, daß die Jungs mal eben bei älteren Prong- oder Helmet-Werken reingehört haben. Nichts desto trotz können sich die Stücke hören lassen, die Gitarren von Bard Torstensen und Erlend Ottern kommen wie immer gestochen scharf und der Ex-Krankenpfleger Zak Teil akzentuiert seine Rap-Lyriks gewohnt souverän. Kein Zweifel: Nach wie vor gehören die Klauenfinger zur Elite der Schweißtreiber, darüber legen das witzige ‚Do What I Say‘, ‚Power‘, die Singleauskoppelung ‚Pin Me Down‘, oder ‚Undone‘ Zeugnis ab und das bedrohlich ruhige ‚It‘ zeigt eine neue, dunkle Seite an Clawfinger auf. Geblieben ist der kritische Blick auf die westliche Industrie-Gesellschaft und der Kampf gegen Gewalt und Rassismus. Die Texte aber sind nicht mehr so ironisch angriffslustig, wie beispielsweise vor zwei Jahren auf der Single ‚Nigger‘, sondern eher desillusioniert. Bestes Beispiel dafür ist ‚Pay The Bill‘, das in der bitteren (Selbst-)Erkenntnis gipfelt: „Why complain, I feel no shame, I use my skill and the next generation has to pay the bill.“ Wie schon auf dem Debüt hat die Band zusammen mit Jacob Hellner produziert und ist ihrer Technik treu geblieben, die Gitarren direkt in das Mischpult einzuspielen, damit es schön direkt knallt. Die Drums kommen diesmal samt und sonders aus dem Computer von Jocke Skog, und Teilzeitmitglied Andre Skaug steuert seinen Bass derzeit nur live bei (sein trommelnder Bruder Morten ist auch on stage nicht mehr dabei). Dafür begrüßen Clawfinger auf ‚Undone‘ mit Freddy Wadling von der durchgeknallten JazzrockCombo Fleshquartett eine kollegiale Stimme. Fazit: Als Clawfinger ihr Debüt vorlegten, befanden sie sich zumindest in Europa einigermaßen allein auf weiter Flur. Mittlerweile hat sich Crossover durchgesetzt und es gibt auch hierzulande jede Menge ernstzunehmende Konkurrenz. Aber die lassen Clawfinger vorläufig immer noch ein gutes Stück weit hinter sich.