Daft Punk

RANDOM ACCESS MEMORIES (10TH ANNIVERSARY EDITION)

Columbia/Sony Legacy (VÖ: 12.5.)

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Das französische Elektronik-Duo inszenierte sein viertes und letztes Studioalbum als Hommage an seine Einflüsse aus der Funk- und Disco-Ära.

Die Erzählung vom Tod des Albumformats gehört zu den hartnäckigsten Mythen der zeitgenössischen Popkultur. Seit dem Aufkommen von MP3, heißt es immer wieder, spätestens aber seit dem Durchbruch des Musikstreamings, hätten Songpickerei und Playlist-Kultur das Album obsolet gemacht, obwohl ein Blick auf die wöchentlichen Veröffentlichungslisten einen ganz anderen Eindruck vermittelt. Das französische Elektronik-Duo Daft Punk wollte 2013 das totgesagte Format wiederbeleben, indem es die Veröffentlichung seines vierten Albums RANDOM ACCESS MEMORIES als Event inszenierte.

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Das war einerseits als Hommage an die Hochzeit der Album-Ära der Siebziger- und Achtzigerjahre gedacht, als Hörer:innen wegen der eingeschränkten Verfügbarkeit von Musik monatelang in ein Album eintauchen und sich damit beschäftigen konnten. Andererseits machten Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo damit aber auch ein Zugeständnis an eine Event-geile Zeit, in der zu klein gedachte Projekte schnell der Aufmerksamkeitsökonomie zum Opfer felen, weil schon bald die nächste Sau durchs digitale Dorf getrieben wurde.

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Die Werbung für das vierte Daft-Punk-Album lief weitgehend „analog“ ab, Anzeigen in Musikzeitschriften statt Social-Media-Kampagnen, Plakate statt Insta-Storys. Journalist:innen, die das Album damals vorab hören wollten, mussten eine mehrseitige Verschwiegenheitserklärung unterschreiben. Der Plan ging auf: RANDOM ACCESS MEMORIES erreichte in 21 Ländern die Spitze der Albumcharts und verschaffte Daft Punk ihre erste Nummer 1 in den USA.

Kaum etwas auf dem Album deutete auf den Zeitpunkt seiner Entstehung hin

Musik, die vielen Menschen gefallen soll, muss Kompromisse eingehen, sie muss sich an Hörgewohnheiten orientieren, sie darf nicht zu viel voraussetzen und fordern, das würde potenzielle Hörer:innen nur verstören. Und so entstand diese bisweilen wehmütige Hommage an die Disco-Ära der späten Siebziger und frühen Achtziger und an Daft Punks musikalische Einflüsse aus jener Zeit.

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Kaum etwas auf dem Album deutete auf den Zeitpunkt seiner Entstehung hin. Daft Punk arbeiteten mit „richtigen“ Instrumenten statt mit Samples, mit echten Menschen im Studio statt mit Computern. Die Disco-Hommage wurde von der Mehrheit vielleicht gar nicht als solche verstanden, sondern als eine Sammlung eingängiger Songs wie der Vorab-Single „Get Lucky“, die mit dem Gesang von Pharrell Williams Spotify-Rekorde brach. In einer watteweichen Produktion mit wenigen Ecken und Kanten produzierten Daft Punk einen leichtfüßigen Disco Pop mit federnden Funk-Bässen, Streichern und Nile Rodgers’ (Chic) charakteristischem Gitarrenspiel.

Zu viel Perfektion, zu viele Gaststars, zu viel Nostalgie

Überhaupt, die Gastmusiker, ohne sie wäre dieses Projekt wahrscheinlich nicht machbar gewesen: Giorgio Moroder, der in „Giorgio By Moroder“ seine Lebensgeschichte erzählt und in der Folge seinen dritten Frühling als DJ erlebte, Julian Casablancas (The Strokes) und Panda Bear (Animal Collective), die gastsingen durften. RANDOM ACCESS MEMORIES ist beileibe kein schlechtes Album, was man ihm vorwerfen kann, ist der Anspruch, von allem zu viel zu wollen: zu viel Perfektion, zu viele Gaststars, zu viel Nostalgie.

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Für Daft Punk bedeutete das Album einen weiteren regressiven Schritt in ihrer musikalischen Entwicklung. Im Lauf ihrer bis dahin 20 jährigen Karriere hatten Bangalter und de Homem-Christo für sich persönlich den Entwicklungsstrang der elektronischen Tanzmusik umgedreht. Es begann 1997 mit HOMEWORK, einem Minimal-House-Album, das mindestens zehn Jahre lang diktierte, wie elektronische Musik zu klingen hatte. Und es endete mit RANDOM ACCESS MEMORIES, einem Album, das tief in die Vergangenheit der Disco-Ära abtauchte.

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Dazwischen stellten das hochgelobte DISCOVERY (2001) und das vielgeschmähte HUMAN AFTER ALL (2005) zumindest Verbindungen zum Zeitgeist her. Mit RANDOM ACCESS MEMORIES hatte sich das Duo vom Status als Elektronik-Act entkoppelt, ebenso von der Last, musikalischer Vorreiter sein zu müssen. 2016 waren Daft Punk Feature-Gäste bei zwei Songs von The Weeknd, 2021 gaben sie ihre Trennung bekannt.

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Die „10th Anniversary Edition“ erscheint als 3er-LP im aufwendigen Gatefold-Cover und als Doppel-CD. Neben dem ursprünglichen Album enthält die Neuedition 35 Minuten mit bisher unveröffentlichten Demoaufnahmen, Outtakes und Work-in-progress-Versionen, etwa „The Writing Of Fragments Of Time“, die nicht unbedingt zu einer Neubewertung des Albums beitragen.

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