Der Sturm :: Kinostart: 20.7.

USA 2000, Regie: Wolfgang Petersen, mit George Clooney, Mark Wahlberg, Diane Lane Fein und nicht ohne gewissen Stolz trifft man in Hollywood gemeinhin die Unterscheidung zwischen „Filmemachern“ und „Handwerkern“, wenn über Regisseure diskutiert wird. Erstere sind die Visionäre, die Unangepassten, die Getriebenen, die Künstler, die Kämpfer, die Scorseses, Coppolas und Andersons, deren Handschrift unverkennbar und deren Hang zu tief persönlichen Themen unbrechbar ist, die ihre Werke allen Umständen zum Trotz durchsetzen. Sie machen die Meisterwerke, fliegen hoch und stürzen manchmal tief. Die anderen sind die Auftragsarbeiter, die Söldner, die Funktionalisten, die Lieblinge der Produzenten und Studios, die losgelöst von innerem Antrieb und unverkennbarer Handschrift in erster Linie die Drehbücher anderer verfilmen. Mit leichter Häme nennt man diese Handwerker „Hacks“, also direkt übersetzt „Stümper“, wobei das gar nicht so despektierlich gemeint ist. Ohne Hacks könnten weder die „Filmemacher“ noch Hollywood existieren: Sie machen die Mainstream-Filme, die Publikumserfolge – und das oft mit überwältigendem Sachverstand und Talent, aber eben ohne von innen heraus loderndem Feuer. Was diese umständliche Einführung mit DER STURM zu tun hat? Nun, dessen Regisseur Wolfgang Petersen ist so etwas wie der König der Hacks – und das ist ein absolut ernst gemeintes Lob: Petersen ist ein großartiger Handwerker, ein Meister seines Fachs, der sich dem klassischen Unterhaltungsfilm verschrieben hat, daher aber auch immer von der Güte der zu verfilmenden Drehbücher abhängig ist. Wenn sie gut sind wie bei IN THE LINE OF FIRE, dann dreht er auch tolle Filme. Sind sie medioker oder unausgereift wie bei OUTBREAK oder AIR FORCE ONE, dann sieht man es auch den Filmen an. Hier kommt Sebastian Jungers Tatsachen-Bestseller DER STURM ins Spiel: Die mit der kühlen Rationalität eines Journalisten geschriebene Geschichte des verheerendsten Sturmes der modernen Seefahrt und der Höllenfahrt des Fischerbootes Andrea Gail und seiner Mannschaft ist das, was man wohl „unverfilmbar“ nennt. Und deswegen gebührt Drehbuchautor Bill Wittliff tiefer Respekt, denn seine Adaption fasst die unabhängigen Handlungsstränge clever zusammen zu einem tief menschlichen Drama, das in seiner Schicksalshaftigkeit mächtig an die Nieren geht. Der Rest ist Petersens Sache, der mit der großen Welle einen der sensationellsten Effekte der Filmgeschichte geschaffen hat, aber eben noch mehr: Sie erschüttert nicht nur wegen ihrer Wucht, sondern auch weil den Zuschauer zutiefst berührt, was sie mit den Männern (und einer Frau) auf der Andrea Gail anstellt. Dank dem BOOT erfahren in Seefragen und im Inszenieren vom gemeinsamen Leben auf engstem Raum, macht Petersen aus seinen Stars George Clooney, Mark Wahlberg und Diane Lane Blue-Collar-Helden aus Fleisch und Blut. Ihr Überlebenskampf ist auch der Kampf des Publikums. Großes Drama, prima Film-derTriumph eines Hacks.