Deutsch-Amerikanische Freundschaft – Alles ist gut

Robert Görl und Gabi Delgado haben vorgebaut. Der Kommentar zur ideologischen Lagerspaltung, die dieses Album in den Reihen der Neuen Deutschen Wellen-Reiter hervorgerufen wird, wird musikalisch gleich mitgeliefert: „Alle gegen alle“. Ein wichtiges Statement zu den neuen Jugendbewegten, die inzwischen bereits einen olympischen Rekord in Sachen Intoleranz aufstellen werden. Keiner ist wie ich, aber alle müssen so wie ich sein, nach diesem unlogischen Weltbild zu leben, heißt Stagnation. DAF haben die Nase voll davon und gehen lieber individualistisch und unkonform durchs Leben. Mancher wird das als Opportunismus mißverstehen und ALLES IST GUT als cleveres Kalkül. Dabei ist ALLES IST GUT eine sehr persönliche Offensive, Gefühlspolitik. DAF stellt sich ohne Scheu vor Spöttern zur Schau, nabeltief und mit dem Risiko, verletzbare Stellen zu offenbaren. Wo andere sich hinter abstrakter Zukunftsangst und Medien-Allgemeinplätzen verstecken, wird hier Intimes der Öffentlichkeit preisgegeben. Wer hat den Mut dazu, solche Liebeslieder zu schreiben? Und sie dann auch noch zu veröffentlichen? Wir sind doch alle cool. „Der Mussolini“, den werden alle sofort mögen, weil er provokativ ist, Tabus angreift, eine politische Aussage verkörpert. Ich mag ihn auch, wegen dem verwegenen, knallharten Disco-Beat, der die Beine von selbst in Bewegung setzt. Aber viel gewagter finde ich Songs wie „Mein Herz macht bum“ oder „Alles ist gut“. Elemtare Gefühle, zu denen keiner mehr stehen will und sich deshalb für große, gesellschaftspolitische Themen engagiert. DAF engagiert sich für’s Herz. Und das macht nun mal bum. Wer da nichts spürt, wie tief dieses bum trifft, wenn Gabi es singt, der sollte sich mal untersuchen lassen, ob ihm an der Stelle nicht was fehlt. „Mein Herz macht bum“ ist erregend, ein Zustand wie eine Überdosis Koffein. „Alles ist gut“ dagegen unheimlich tröstlich, fast väterlich. Da kann man sich fallen lassen, sich anvertrauen, sich anlehnen. Ganz ruhig macht einen da die sakrale Musik. Doch durch das ganze Album zieht sich ein Gefühl von Sinnlichkeit. Flirrende, trockene Hitze, Musik wie aus der Wüste, bei der man jede Bewegung ganz langsam und intensiv spürt. Diese Hitze kriecht an einem hoch und man fühlt ein wenig Unwirklichkeit. „Sato-Sato“ als Auftakt ist wie einer dieser Wüstenwinde, die permanent an den Nerven zerren. Danach ist „Der Mussolini“ mit seinen militanten Befehlen geradezu eine Befreiung. „Rote Lippen“ ist eines der schwächeren Liebeslieder, die Single „Der Räuber und der Prinz“ ist eindeutig noch aus einer anderen Entwicklungsstufe, das kann man sofort hören. Der alte DAF-Song „Ich und die Wirklichkeit“ hingegen fügt sich sehr gut ein. „Ich fühle mich so seltsam“ ist eine Textzeile, die durchaus zeitgenössische Verwirrung vermittelt. „Als war’s das letzte Mal“, ein ganz zärtliches, erotisches Liebeslied und „Verlier‘ nicht den Kopf“ sind nichts für Gefühlsmuffel. Die können sich bei „Alle gegen alle“ austoben und bei „Alles ist gut“ meinetwegen auch den Kopf schütteln. Als einziger musikalischer Vergleich ist mir Suicide eingefallen, reduzierte, aber effektive Spannung, klare einfache Strukturen. Gabis markanter, bestimmter Gesang verhindert jede Peinlichkeit der trivialen Wörter. Für mich hat es seit Kraftwerks AUTOBAHN kein vergleichbares und wichtigeres deutsches Album mehr gegeben. „Mein Herz macht bum“.