Die Krupps – Volle Kraft Voraus

Die Krupps — Jürgen Engler, Tina Schneckenburger und Bernward Malaka — sind Strukturalisten mit einer Handvoll (sarkastischer?) Slogans. Sie deuten, meist im Stenogrammstil, Farbe, Form und Bilder an,was dann jeder mit seiner eigenen Phantasie in Fasson bringen kann. Provokation ist dabei selbstverständlich immer das entscheidende Motiv: …. schlagt an die Türen/alle soll’n uns hören/schon bald gibt es den großen Knall/uns macht’s Spaß/ die andern kommen zu Fall …“ Und Provokation von extrovertierten jungen Himmelsstürmem erschüttert erfahrungsgemäß meist diejenigen schwer, die sich ihre langen Haare am liebsten nie abgeschnitten hätte. Und wohl auch diejenigen, die VOLLE KRAFT VORAUS nun als DAF-Replik abkanzeln werden (trotz ähnlicher Wahl der Mittel völliger Blödsinn; die Krupps sind nicht halb so erotisch). In einem Land, in dem alle vom Tanzen reden und keiner was dafür tut, in dem jeder kalauert, Extrablöd kassiert und Nichts läuft, ist der mechanische und mobile Pop der Krupps von ebensolcher Relevanz wie ein vernünftig gedrosselter Hedonismus:“… genießt eureSünden/ im Rhythmus der Maschinen /pure Freuden ohne Last/Leben voller Tanz und Lust …“ Was ich mir bei VOLLE KRAFT VORAUS noch gewünscht hätte: Mehr Pedanterie (im Studio), mehr Phantasie (beim Remix von „Wahre Arbeit, Wahrer Lohn“), mehr Tiefenschärfe (beim Gruppenfoto), weniger Skepsis zugunsten von mehr Sex Aber das bleibt vorläufig sekundär. Wichtig ist allein, daß die Krupps funktionellen und existenzialistischen Pop entwickelt haben — und das wiegt auch weitaus schwerer als ihr momentanes Unvermögen, mehr als drei wirklich weltbewegende Songs zu schreiben.