Dirty Projectors – Bitte

Perfekt collagierte Popmusik. David Longstreths Band erkundet die Wirren der Schönheit. Was macht man bloß, wenn einem 40 Jahre Pop- und Rockmusik durch den Kopf sausen, sich zu kakophonen Gebilden verknoten und tausend Stimmen um Gnade wimmern: Bitte, bitte, lasst uns Teil deines nächsten Songs sein! David Longstreth, Chef und So-ziemlich-allcs-Spieler der Dirty Projectors, hat die Geister der Vergangenheit erhört und mit ihnen raffiniert paktiert: Biete Teilnahme gegen völlige Neukontextualisierung. Mit anderen Worten: Longstreth konnte fortan mii den Stilen und Texturen ongliercn, wie er nur wollte. All die Fehler und Umwege, die „Missklänge“ und seltsamen Interpunktionen, die wir auf Dirty-Projectors-Alben hören, sind nur Schritte zur perfekten Bricollage, der sich die Band mit geradezu unheimlicher Konsequenz nähert. Auf dem Vorgänger RISI-: ABOYE (2007) machte Longstreth sich an die Herkulesaufgabe, sein Lieblingsalbum aus dem Kopf nachzuspielen (Black Flags DAMAGKD), auf BITTE OKCA hat er sich ein Lieblingsalbum für die Fangemeinde ausgedacht. Altesneuneuesalt: Talkmg Blues auf Maschinenbeats, „Gesang“ und „Rhythmus“ suchen im Titeltrack nach einer gemeinsamen Linie und enden an einer Gitarrenmauer, die auch Led-Zep-Fans Respekt abverlangen wird. Der Band ist die Lust an der Verschachtelung, am Finden von neuen Sprachen und Formen anzuhören, die Detailliebe, mit der sie sich in ihren Materialien fortarbeiten – irgendwo zwischen den Crazy Rhythms des Super-Nerds Longstreth, den Panikelchen aus Rock-Avantgarde und Noise und den Kicksern des Soul (ein Reich, das vorher allenfalls Ween betreten haben). Die Single „Stillness IsThe Move“ zeigt zudem: Indie Boys & Girls wissen mit dem R’n’B Schlitten zu fahren. Das ist nicht gleich eine Kampfansage an die Neptunes, aber ein gewaltiger Schritt aus der Indie-Rock-Tristesse. Davon kündet schon das Cover, die beiden Projectors-Sängerinnen sind dort abgebildet, ein Hinweis auf die wachsende Bedeutung, die Amber Coftman (auch Gitarre) und Angel Deradoorian (auch Bass und Keyboards) auf BITTE ORCA zukommt. Die Band erkundet die Wirren der Schönheit mit den Vokabeln der Stunde, da tauchen (leicht verfremdete) Gesangssätze aus dem Gebetbuch der Beach Boys auf, und auch der Afrobeat hat tektonische Besonderheiten auf dieser Platte hinterlassen. Das sind dann die Momente, in denen die Dirty Projectors daran erinnern, dass sie in der Premier League auf höchstem Niveau operieren, mit Anschluss an Animal Collective, Grizzly Bear und Deerhunter.