Dreißig Gespräche

von Max Dax Edition Suhrkamp, 3J6 5., II C (K)eine „Zwischenbilanzder Gegenwartskultur“ in Interviews. Es bleibt Klaus Theweleits Geheimnis, was er meint, wenn er Max Dax im einleitenden Autoreninterview den „Einstieg ins Gespräch als Überrumpelung“ mit überraschenden Eingangsfragen als Interviewtechnik unterstellt – David Bowie damit zu konfrontieren, dass er „sich und seine Musik immer-wieder neu erfunden“ habe, passt dazu ebenso wenig, wie den New Yorker Arto Lindsay auf seine räumliche Entfernung zu Brasilien hinzuweisen. Vielleicht ist das der Reihe geschuldet, in der die Interviewsammlung des „Spex“-Chefredakteurs erscheint. „Normales“ passt da nicht hinein, zumal von so ausladendem Umfang, der der Funktionsweise des einstigen Magazins von Dax alias Maximilian Bauer entspricht: Ungekürzt sollten schon in „Alert“ die Befragten zu Wort kommen, weil Dax „mehr Intimität, mehr Nähe, mehr Nachdenklichkeit“ wollte und glaubte, das gehe „nur mit viel Platz, mit viel mehr Buchstaben“. Mag sein. Es hat aber große Nachteile für den Leser, wenn nicht doch ein Redakteur oder Lektor einschreitet und zumindestdie meistgestellten Standardfragen und meistwiedergekäuten Standardantworten streicht, zumal wenn dem Interviewer vor lauter Nähe und Selbstvcrliebtheit mal gar nichts Interessantes, Spannendes, Originelles einfallen will (das Lemmy-Gespräch etwa haben schon hundert andere geführt, oft lesenswerter), er zum Nachbohren und Tiefschürfen kein Mittel findet und auch sprachlich (d.h. beim Übersetzen) kein talentierter Stil ist ist. Das ist zum Glück nicht immer so —an einigen seiner Partner scheitert Dax kläglich, aber einige der Gespräche, etwa mit Arno „Dagobert“ Funke, Nana Mouskouri und Helge Schneider, sind sehr lesenswert. Die Erkenntnis, dass zu dem, was Dax (oder sein Verlag) im Sinn hatte (eine „Zwischenbilanz der Gegenwartskultur“), die Gegenwart und deren Front- und Randbereiche (nicht, wie hier, der Mainstream) sowie das nachträgliche Auswählen, Zu rechtschneiden und Komponieren als wesentliche Arbeitstechniken gehören, setzt sich ja vielleicht beim nächsten Mal oder einer eventuellen Neuausgabe durch.