Eloy – Silentcriesand Mighty Echoes

Bands wie Eloy erinnern uns daran, daß das Spektrum des Rocks speziell bei uns nicht nur die lockere Unterhaltung, sondern auch den ernsthaften Ausdruck gewichtiger Ansichten und Botschaften umfaßt. Ihre Musik enthält mehr von jenem „E“ als jenem „U“, die Anfangsbuchstaben, mit denen man herkömmlich kategorisiert: Ernste Musik gegenüber Unterhaltungsmusik. Das liegt weniger an den instrumentalen Klängen und ihren Formen die machen’s einem nicht schwer -, als an den Texten. So könnte ich mir zu Zeilen wie „We know pain – we know fear – we know loneliness“, „Forests will explode…“, „Cities will catch fire and they’ll carbonize so unbelievable not, silent and dry“, „We will burn, the air will be afraid of our mortal frame“ (The Apocalypse) eigentlich unangenehmere Musik vorstellen, als Eloy sie spielt. Sie enthält nämlich wohltuende Beschaulichkeit („Astral Entrance“), hymnischen Überschwang („The Vision“), volltönenden Orchesterklang in mehreren Passagen, wuchtiges, schleppendes Rock-Pathos. Rocken und Rollen, daß auch der Körper ‚was abbekommt („Pilot To Paradise“ und „Master of Sensation“).

„Master Of Sensation“ hat einen sehr eigenen Sound und straffen, stabilen Rhythmus. Durch die orchestralen Klangkaskaden irrlichtern stereotype, verhallte Orgelakkorde und geben der Musik zusätzliche Räumlichkeit. Klare und monumentale Thematik in „Pilot To Paradise“, von der Gitarre vorgetragen und von der Orgel gekonnt und gefühlvoll eingefaßt. Diese beiden Stücke stehen mit ihrem Körper-Appeal im Gegensatz zu einer aufschlußreichen Textzeile aus „Mighty Echoes“: „Do we know that we are composed of the trinity – of heart, soul, and mind?“ Wir sind aus der Dreieinigkeit von Herz, Seele und Geist gemacht? Und wo bleibt der Körper?!

Letzten Endes stellen die Texte eine Absage an Haß und Gewalt dar – es sei denn, der sogenannte Schöpfer wendet sie aus irgendwelchen nur ihm vorbehaltenden Gründen gegen uns an (von wegen „explodierenden Wäldern“ und „brennenden Städten“) – und fordern von uns Liebe, am ehesten im Sinne von Nächstenliebe. Die Musik breitet entsprechende Zuversicht aus. Leider befinden wir uns noch im Dunkeln, aber die Musiker von Eloy sind sicher, daß sie „am Ende des Tunnels Licht entdecken werden“.

Die aufrechten Absichten und die moralische Substanz ehren die vier Hannoveraner. Von ein paar hymnischen Verklärungen abgesehen, mag ich der Grundstimmung ihrer Musik folgen. Ihren mystifizierten Prophezeihungen hingegen nicht. Hoffentlich wird mich das gewaltige Echo dieser Absage nicht niederschmettern. Am Schluß der LP heißt es nämlich: „All unsere stillen Schreie, unsere Gedanken und Taten werden hervorrufen, was wir verdienen, werden gewaltige Echoes auslösen.“