Fatboy Slim – You’ve Come A Long Way, Baby

„The Weekend Starts Here! Die Rückseite seiner ersten Single brachte es schon auf den Punkt. „Right Here Right Now“ beginnt das Wochenende, warten die Kicks, limitiert keine Pflicht den Freudenfluß, vermiest kein Dienst das Glück über den rasanten Taumel. All my people sind schon da, wo ist der Club, die Karre, das Koks? „Fucking In Heaven“ kann nicht schöner sein. Jeder Ton auf YOU’VE COME A LONG WAY, BABY schreit das unbegrenzte Glück heraus über die auf rund 50 Stunden begrenzte Explosion des Hedonismus im grauen proletarischen Alltag. Ist das – mit einem Jahr Verspätung – die Platte, in der sich der archaische Rock ’n‘ Roll-Tanz von 1957, das verspielte Psychedelia-Bunt von 1967, die brutale Punk-Power von 1977 und das futuristische Techno-Flackern von 1987 in nie gekannter Intensität vereinen und die nächste Stufe zünden? Wie kein zweiter übersetzt Fatboy Slim Erfahrung in Erleuchtung und klingt hier wie eine perfekt recherchierte zwörfbändige Rock-Enzyklopädie, geschrieben von einem hyperaktiven 13jährigen, dem die Hormon-Hornissen des ersten Pubertätsfrühlings im Hintern sitzen. Ein guter Draht zum Dämonen-Engel des Pop reicht kaum aus für so ein Meisterwerk, er bedarf der Ergänzung durch eine Biographie, über die der Interview-unlustige Norman Cook nur ungern spricht. Man solle doch lieber eine Geschichte über Roger The Radish erfinden oder irgend etwas ähnlich lächerliches, meint er. Sollte man nicht. Mit einer Wandlungsfähigkeit, die den verschiedenen Selbstdefinitionen eines David Bowie oder Neil Young in nichts nachstehen, läuft Cook der Pop-Szene seit fast 15 Jahren nicht hinterher, sondern voraus. Auf seiner Tour vom Discjockey zum DJ schwebte er mit den Housemartins in lieblichen Pop-Regionen, kollaborierte schon in den ersten Tagen der „New School“ mit Eric B. & Rakim, rangierte mit Beats International zwischen schwerverdaulichem Ethno-Soul und durchdachtem Dance-Pop, formulierte mit Freakpower eine Big Beat-Frühgeburt und wechselte danach zwischen den Outfits Pizzaman, The Mighty Dub Kats und Fried Funk Food hin und her. 1995 kam Fatboy Slim hinzu und stellte schnell die übrigen Kostüme in den Schrank. Seither geht ein Gespenst um in Europa. Es heißt Big Beat und läßt den Rock noch seine Melodien summen, treibt ihn aber mit funkigen Stromstößen und technoiden Beats in neue Formen. Und Fatboy Slim reagiert nicht, sondern regiert. Schwebt mit „Right Here Right Now“ melancholisch durch fremde Roboter-Welten, kreiert mit „Fucking In Heaven“ den lüsternen Spionage-Shuffle für Cocktail-Parties zur Jahrtausenwende, bittet in „Acid 8000“ alle Säureköpfe zum Trommeltanz, kehrt in „Gangster Trippin“ zu souligen HipHop-Wurzeln zurück und integriert bei „Build It Up Tear It Down“ Breakbeats in sein straight nach vorne rockendes Konzept. Und von „The Rockafeller Skunk“ (in neuem Mix) war noch gar nicht die Rede. Ist auch nicht nötig. Kann eh niemand mehr ruhig sitzen.