Galactic Melt :: Ghostly International/Alive

Nennen Sie es Chill-, Synth- oder Whatever-Wave: das Debütalbum des Wohnzimmerproduzenten mit dem dämlichen Pseudonym

Com Truise ist ein schönes Beispiel für die Wahrnehmung von Musik als Event und auch dafür, dass ein Künstler mit seinem ersten Album schon ein alter Hut sein kann. Die Events finden nicht mehr im Plattenladen am Tag der Veröffentlichung eines Albums statt, sondern Monate vorher im Internet, auf den Künstlerseiten und in Blogs (auf denen, die Musiker ihre Tracks zum kostenlosen Download anbieten) und auf den illegalen Seiten, die sich auf das Anbieten von geleakten Alben spezialisiert haben. Im Sommer 2010 hat Com Truise, Musiker und Wohnzimmerproduzent Seth Haley aus New Jersey, die EP Cyanide Sisters (wer eine auf Vinyl hat, bitte hier melden) als kostenlosen Download veröffentlicht. Anfang 2011 kam eine überarbeitete und erweiterte Version bei Ghostly International heraus. Zusammen mit den anderen EPs und den Arbeiten unter diversen Pseudonymen (Sarin Sunday et al) hatten die Eventfeierer schon zwei Stunden Com-Truise-Musik in ihrer iTunes-Bibliothek, bevor das Debütalbum Galactic Melt überhaupt veröffentlicht wurde. Wer sich ohne Vorkenntnisse diesem Album nähert, erlebt eine Sternstunde des Chill-, Synth- oder-was-weiß-ich-Wave, die Rückkehr des analogen Synthesizers als Hauptinstrument in einer Art Proto-Elektro-Pop, Annäherungen an Italo-Disco, 8-Bit-Sounds, Cheapo-Achtziger-Soundtrack-Musik und patschende Snare-Drums. Wer bereits zwei Stunden Com-Truise-Musik besitzt, hört mehr von dem, was er bereits kennt. Galactic Melt wird für manche den Einstieg in die wunderbare musikalische Welt von Seth Haley bedeutet. Das Album verstärkt das Wissen um die Verdienste von Com Truise als Reinstallateur von analogen Synthesizersounds in den Pop, aber fürs nächste Mal muss er sich etwas Neues einfallen lassen.

Key Tracks: „VHS Sex“, „Air Cal“, „Flight Wave“, „Ether Drift“

Klbert Aoch

Story S. 27